Jubiläum

Von Rittern, Geistlichen und karitativem Einsatz

Pfarrer Roland Rossnagel mit einer Ritterfigur

Pfarrer Roland Rossnagel erinnert mit einer Ritterfigur auf dem Areal der früheren Kommende an die Heilbronner Deutschordensgeschichte Foto: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Arkadius Guzy

Vor 800 Jahren gründete der Deutsche Orden eine Niederlassung in Heilbronn. Zahlreiche Veranstaltungen erinnern an das bedeutende Erbe.

Wer heutzutage durch den Deutschhof in Heilbronn spaziert, begegnet VHS-Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern oder Besucherinnen und Besuchern von Museum und Stadtarchiv. Ordensritter sind nicht mehr anzutreffen. In der katholischen Kirche, die Teil des Deutschhof-Gebäudeensembles ist, erinnern aber Grabplatten im Schiff und Altarraum und ein Wappen im Schnittpunkt von Mittel- und Quergang an sie und die Ursprünge dieses Innenstadtareals.

Es war einst eine Kommende des Deutschen Ordens. Das will die Deutschordenspfarrei Sankt Peter und Paul mit dem Festjahr „800 Jahre Deutscher Orden in Heilbronn“ ins Bewusstsein rücken. „Uns ist es wichtig, das Jubiläum zu feiern“, sagt Andreas Dylewski. Die Kirchengemeinde lege Wert darauf, dass sie eine Deutschordensgemeinde sei, erklärt der gewählte Vorsitzende des Kirchengemeinderats von St. Peter und Paul. „Ohne den Deutschen Orden gäbe es St. Peter und Paul nicht. Die Wurzeln reichen in die Ordensgeschichte hinein“, führt Pfarrer Roland Rossnagel aus.

Zwar ist der Deutschhof als Bezeichnung für den Innenstadtkomplex mit dem Deutschordensmünster St. Peter und Paul, der VHS, dem Stadtarchiv und dem Museum präsent, aber welche Historie dahinter steckt, ist allgemein eher weniger geläufig – noch weniger, was der Deutsche Orden war und ist.

So entstand der Deutsche Orden

Die Geschichte des Deutschen Ordens führt ins Heilige Land. Im Jahr 1190, zur Zeit der Kreuzzüge, gründeten Bremer und Lübecker Kaufleute eine Hospitalgemeinschaft, um Pilger und Kreuzfahrer zu versorgen. Bald formierte sich dazu eine ritterliche Gemeinschaft. Der Deutsche Orden wurde zu einem geistlichen Ritterorden mit Priester- und Ritterbrüdern. Die Ordensritter übernahmen die Führung und spielten eine immer größer werdende Rolle. Der geografische Fokus verlagerte sich. Durch Eroberungs- und Besiedlungseinsätze entstand in Osteuropa ein eigenes Herrschaftsgebiet mit der Marienburg im heutigen Polen als Zentrum. Dann verlor der Orden die dortige Vormachtstellung wieder. Im Laufe der Jahrhunderte erlebte er eine wechselvolle Geschichte mit Phasen der Stabilisierung und des Macht- und Besitzverlustes. Der Ritterzweig wurde aufgegeben, Priester übernahmen die Führung. Der Deutsche Orden wurde letztlich zu einem geistlichen Orden. Heute ist dieser in der Seelsorge und im karitativen Bereich aktiv.

Das wird in Heilbronn gefeiert

Im Jahr 1225, also vor 800 Jahren, entstand eine Niederlassung des Deutschen Ordens – eine sogenannte Kommende – in Heilbronn. Die historischen Umstände lassen sich nicht mehr aufschlüsseln. Denn die Quellenlage sei dünn, wie Miriam Eberlein erklärt. Als einen möglichen Grund dafür nennt die Leiterin des Heilbronner Stadtarchivs die Plünderung der Kommende während des Bauernkriegs im Jahr 1525. Dabei sind viele Unterlagen verloren gegangen. Einer Theorie nach wird aber die Gründung der Kommende auf eine Stiftung der Adelsfamilie von Dürn zurückgeführt. Obwohl die Ereignisse sich einer präzisen Datierung entziehen, passt die Jahreszahl 1225 laut Maike Trentin-Meyer gut ins Bild. Trentin-Meyer ist als Konservatorin für die Staatlichen Schlösser und Gärten in der Region Hohenlohe zuständig, darunter das Residenzschloss Mergentheim, das nach Aufgabe der Marienburg von 1527 bis 1809 Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens war. „Sehr viele Kommenden im fränkischen Raum sind in der Zeitspanne zwischen 1216 und 1230 gebildet worden“, erläutert Trentin-Meyer.

Das ist zur Geschichte der Heilbronner Kommende bekannt

Für das Jahr 1268 lässt sich immerhin ein erster Beleg für einen Komtur finden. Aus dem 15. Jahrhundert stammt laut Trentin-Meyer eine Angabe zur personellen Besetzung der Kommende: demnach waren es sechs Ritterbrüder und vier Priesterbrüder. Das entspreche der Idealbesetzung einer Kommende von zwölf Personen. Zur Heilbronner Kommende gehörten auch Sontheim und Degmarn – Kirchhausen gehörte zur Kommende Horneck. Gerade Sontheim sei ein wichtiger Besitz für die Kommende gewesen, sagt Eberlein. Das Verhältnis zwischen der Niederlassung des Deutschen Ordens und der Reichsstadt Heilbronn erwies sich als konfliktträchtig. „Es ist viel gestritten worden“, weiß Eberlein aus Überlieferungen. Die Archivleiterin zählt zum Beispiel Streitigkeiten wirtschaftlicher Art um Zölle und Abgaben oder Streitigkeiten um die Nutzung des Neckars auf. Dazu kamen mit der Reformation konfessionelle Streitigkeiten, die sich um Gottesdienste und Prozessionen drehten.

So wird das Jubiläum gefeiert

In den kommenden Monaten widmen sich zahlreiche Veranstaltungen der Geschichte des Deutschen Ordens in Heilbronn und der Region. Neben der Deutschordenspfarrei Sankt Peter und Paul beteiligt sich insbesondere die VHS Heilbronn am Programm des Festjahrs. „Schließlich ist die VHS integraler Bestandteil des Deutschhofs“, sagt VHS-Geschäftsführer Peter Hawighorst. So sei eines der Gebäude, in denen sich heute die VHS befindet, die Ritterherberge der Kommende gewesen. Für Hawighorst ist es außerdem eine gute Gelegenheit, Wissen über einen wichtigen Aspekt der regionalen Geschichte und religiöse Wertzusammenhänge zu vermitteln.

Am Donnerstag, 6. Februar, wird um 17.30 Uhr in der VHS die Ausstellung „Lebendiger Orden mit großer Tradition – die Geschichte des Deutschen Ordens 1190 bis heute“ eröffnet. Die Wanderausstellung des Deutschordensmuseums im Residenzschloss Mergentheim erzählt die Geschichte des Ordens, ergänzt um die Heilbronner Deutschordensgeschichte. Trentin-Meyer hält den Eröffnungsvortrag. Die Ausstellung ist bis zum 7. März in der VHS-Galerie zu sehen.

Den offiziellen Auftakt zum Festjahr bildet ein Pontifikalamt mit dem Hochmeister des Deutschen Ordens, Generalabt Frank Bayard, der seinen Sitz in Wien hat. Der Gottesdienst findet am Sonntag, 9. Februar, ab 11.15 Uhr im Deutschordensmünster statt. Nach dem Gottesdienst und einem Mittagsimbiss im Gemeindehaus beleuchtet eine Podiumsdiskussion mit dem Hochmeister, der Leiterin des Stadtarchivs, Pfarrer Rossnagel und Dr. Jörg Seiler, Inhaber der Professur für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Universität Erfurt, die Historie des Deutschen Ordens. Im Jahresprogramm finden sich außerdem beispielsweise Vorträge und Fahrten. So bietet die VHS eine Fahrt zu Stätten des Deutschen Ordens in der Umgebung, und die Kirchengemeinde organisiert in den Pfingstferien eine mehrtägige Reise nach Polen, bei der unter anderem das frühere Zentrum des Deutschordensstaats besichtigt wird. Den Abschluss des Festjahrs bildet ein Pontifikalamt mit Bischof Dr. Klaus Krämer am Sonntag, 19. Oktober, um 11.15 Uhr im Deutschordensmünster.

So wirkt die Geschichte bis heute nach

Zur Kommende errichtete der Deutsche Orden wohl auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus eine Kirche, die im Laufe der Jahrhunderte einige Umbauten erfuhr. Die Ordenskirche ist seit 1806 katholische Stadtpfarrkirche. Im 20. Jahrhundert wurde sie zum „Deutschordensmünster“ erhoben. Nachdem der Deutsche Orden den Kommende-Besitz Anfang des 19. Jahrhunderts verloren hatte, fand dieser unterschiedliche Nutzungen, zunächst zum Beispiel als Kaserne. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude des Deutschhofs wieder aufgebaut beziehungsweise neu gebaut. Mehrere städtische Einrichtungen sind dort eingezogen. Für Dylewski bleibt das jahrhundertealte Leitmotiv des Deutschen Ordens „Helfen und Heilen“ auch für die heutige Kirchengemeinde wirksam. Für den gewählten Vorsitzenden bedeutet es, als Kirche dort in der Stadt präsent zu sein, wo Not ist.

Es gibt aber auch Menschen in der Region, die dem Deutschen Orden besonders verbunden sind. Zu ihnen zählt Thiemo C. Ackermann. Er gehört den Familiaren des Ordens an. Das sind „Männer und Frauen weltlichen oder geistlichen Standes“, die den Orden in seinen Werken und Anliegen unterstützen und sich so um den Orden verdient machen, wie es heißt. Das Institut der Familiaren ist dem Deutschen Orden angegliedert.

Der 48-jährige Meister und Sachverständige für Orthopädieschuhtechnik ist Vize-Komtur der Komturei an Tauber, Neckar und Bodensee. Laut Ackermann umfasst diese aktuell 30 Familiaren, darunter zwei Frauen. Einmal im Monat organisiert die Komturei eine Veranstaltung. Der spirituelle Höhepunkt seien die jährlichen Einkehrtage am ersten Fastenwochenende in Heiligkreuztal, erklärt Ackermann. Er ist seit 15 Jahren Familiare. Die Familiaren unterstützen die karitativen Ordenswerke. Das Jubiläum der Deutschordenspfarrei habe für ihn besondere emotionale Bedeutung, sagt Ackermann. Dass der Deutsche Orden lebendig bleibe, sei eine wichtige Sache.

Das Programm zum Festjahr

Alle Veranstaltungen des Festjahrs „800 Jahre Deutscher Orden in Heilbronn“ mit weiteren Informationen finden sich in einem Programmheft. Dieses steht auch im Internet zum Download bereit.

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