„Es ist mir nicht erlaubt zu kämpfen - St. Martin: Mantelteiler. Kriegsdienstverweigerer. Friedensstifter“ lautet der Titel eines neuen Buchs über den Heiligen Martin, dessen Schwerpunkt auf einem weniger bekannten Aspekt seines Lebens und Wirkens liegt: seiner Abkehr vom Soldatendienst in der Armee des römischen Kaisers, seinem Auftreten als Streitschlichter und seinem Einsatz für Andersdenkende. Mit anderen Worten: Der neue Band zeigt den Heiligen als Vorbild für gewaltfreies Handeln, gegen den Einsatz von Waffengewalt und für ein friedliches Zusammenleben. Herausgeber sind der Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart der internationalen Katholischen Friedensbewegung pax christi, die Martinus-Gemeinschaft und das Religionspädagogische Institut Stuttgart.
Er verbindet heute Orte und Länder, die durch den Eisernen Vorhang getrennt waren.
Bischof Fürst
Dr. Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, stellte anlässlich der Buchpräsentation am Donnerstag fest: „Die Wirkung des Martin von Tours ist uns Leitbild für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft in der Diözese, im deutsch-französischen Raum sowie in Europa insgesamt. Dass dem so ist, zeigt auch der Martinusweg, der von Ungarn über Österreich, Deutschland, Luxemburg bis nach Frankreich führt. Er verbindet heute Orte und Länder, die durch den Eisernen Vorhang getrennt waren. Diese sichtbare Teilung existiert heute nicht mehr. Dennoch laufen wir Gefahr, in Europa neue Grenzen zu ziehen – vor allem gegenüber Menschen, die in der Europäischen Union Schutz vor Krieg, Gewalt und Hunger suchen.“
St. Martin ein Stück weit neu entdecken
Zentrales Anliegen der knapp 160 Seiten umfassenden Neuerscheinung ist es dabei, Menschen, die sich mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit der Martinsüberlieferung beschäftigen, neue Impulse und Ideen an die Hand zu geben, um St. Martin ein Stück weit neu zu entdecken und für die Aktualität seiner Botschaft zu sensibilisieren. Neben historischen Hintergründen werden in dem Buch so auch pädagogische Materialien für unterschiedliche Zielgruppen zur Verfügung gestellt.
Laut Bischof Fürst werde gerade in diesen Tagen und besonders am Martinstag klar, wie eingängig die Botschaft des Heiligen sei. „Doch mit der Mantelteilung ist die Geschichte nicht zu Ende. Vielmehr wurde dieses Ereignis für Martin selbst zur Lebenswende.“ Durch seinen Biograph Sulpicius Severus sei so belegt, dass Martin nach der Begegnung mit dem frierenden Armen seinen Militärdienst quittierte. Folgende Worte soll er dabei zum Kaiser gesagt haben: „Bis heute habe ich dir gedient, Herr; jetzt will ich meinem Gott dienen und den Schwachen. Ich will nicht mehr kämpfen und töten. Hiermit gebe ich Dir mein Schwert zurück. Wenn Du meinst, ich sei ein Feigling, so will ich morgen ohne Waffen auf den Feind zugehen.“ An diesen prägnanten Sätzen werde eines deutlich, sagt Fürst: „Weder als Soldat, noch als Einsiedler und Bischof, suchte Martin Macht und Ansehen. Durch seine christliche Grundhaltung, mit seinem Glauben, Leben und Handeln verband er jedoch stets auch eine politische Botschaft und das in einer schwierigen Zeit des Umbruchs.“
In einer Zeit, in der Heiden und Häretiker schlimmste Repressalien befürchten mussten, habe Sulpicius Severus dem Martin von Tours ein für diese Zeit einzigartiges Zeugnis ausgestellt: „Niemanden hat er gerichtet, niemanden verdammt“, erinnert Bischof Fürst. „So wird St. Martin zum Wegweiser für uns heute – für ein friedliches, humanes und geeintes und demokratisches Europa. Ich hoffe und wünsche, dass die nun vorliegende Publikation für viele Menschen als Anregung zu einem friedlichen Miteinander in Europa dienen wird.“
Absage an den Kriegsdienst nicht so bekannt
Auch Peter Kohlgraf, Bischof von Mainz und Präsident von pax christi Deutschland, verweist in seinem Grußwort zur Neuerscheinung darauf, dass vor allem die Szene der Mantelteilung berühmt sei, während der weitere Lebensweg Martins und seine endgültige und durchaus dramatische Absage an den Kriegsdienst bei weitem nicht so bekannt seien und stellt fest: „Ich wünsche der Publikation, dass sie – ausgehend von der populären Gestalt des heiligen Martinus – uns zum Nachdenken anregt, wie unsere Absage als Christen an die Logik von Krieg und Gewalt heute gelebt werden kann.“