Spiritualität

Der Sehnsucht nach Gott Raum geben

Mit verschiedenen Fragen und Facetten rund um das Beten beschäftigt sich eine fünfteilige Veranstaltungsreihe des Dekanates Ehingen-Ulm beim „Treffpunkt Christsein“. Foto: iStock.com/SvetaZi

In einer Reihe über das Beten rückt „Treffpunkt Christsein“ verschiedene Facetten des Betens - Stille, Anbetung und Gebetsformen - in den Fokus.

Mit der alten und ewig jungen Frage „Beten – wie geht das?“ stößt die aktuelle Veranstaltungsreihe „Treffpunkt Christsein“ des Dekanats Ehingen-Ulm auf viel positive und inspirierende Resonanz. Jüngst war „Treffpunkt Christsein“ in der Kirchengemeinde Zum Guten Hirten in Böfingen zu Gast, in der das feierliche Abendlob der Kirche besonders gepflegt wird. Ein kleines Team um den angehenden Diakon Michael Seitz feiert einmal im Monat mit mehrstimmigen Gesängen das Vespergebet.

Beten ist Beziehungspflege

Lieder und Stille, gemeinsame Gebete und individuelle Anbetung, Schriftlesung und Auslegung und nicht zuletzt die mystische Atmosphäre im dezent beleuchteten Kirchenraum sollen dabei helfen, in die Stimmung zu kommen, die man braucht, um ruhig zu werden und in sich hinein und auf Gott zu hören. „Beim Beten geht es um Beziehungspflege, es geht um Kontakt und Begegnung mit einem personalen Gott“, sagt Seitz in seiner Predigt, die sich besonders mit dem Einstieg in ein eigenes geistliches Leben und mit der Wirksamkeit von Gebet beschäftigt. Ein Lesungstext aus dem Hohelied Salomos, in dem jüdische und christliche Mystiker eine Anleitung zum geistlichen Leben gesehen haben, liefert die Grundlage.

Im Hohelied erscheine Gott als Bräutigam, der um die Braut, den Menschen, wirbt, sagt Seitz. Es komme im Kern darauf an, „ob wir eigentlich Braut sein wollen“. Ähnlich wie in der Ehe müsse diese Entscheidung, dieses Ja, immer wieder erneuert werden: „Ja, ich möchte eine immer tiefere Gottesbeziehung.“ Wo diese Entscheidung noch nicht möglich sei, gelte es, die Sehnsucht zu nähren, etwa durch bewusste Wahrnehmung der Schöpfung.

Persönlicher Einsatz wichtig

Gott liebt den Menschen bedingungslos. Es sei aber eine Fehlannahme, dass es auf einen persönlichen Einsatz gar nicht so richtig ankomme. „Gott ist Person, Gott ist Beziehungswesen und Gott hat Freunde“, sagt Seitz und erinnert an den biblischen Bericht über die Totenerweckung des Lazarus: Hier führt die besondere Beziehung von Lazarus‘ Schwester Maria zu Jesus letztlich dazu, dass dieser „zur Tat schreitet“; hier zeige sich, was Freundschaft mit dem Herrn bedeutet. „Das ist Wirksamkeit von Gebet und Wirksamkeit von geistlichem Leben.“ Wo echte Freunde Gottes auftreten, passiere immer wieder ganz Erstaunliches, womit eigentlich keiner rechnet, ist Seitz überzeugt.

Gebet könne wirksam werden, wo der Heilige Geist wirkt: Dass Jesus erfüllt war vom Heiligen Geist, als er predigte und Wunder wirkte, ist in der Bibel zu lesen. „Wenn wir also fragen, wie wir dahin kommen, wirkungsvoll am Plan Gottes mitzuarbeiten, auch im Gebet zu wachsen, dann müssen wir uns fragen, wie wir immer erfüllter von Geist und Gnade werden“, sagt Seitz und vergleicht diesen Weg mit einem Kreislauf: Wo die Sehnsucht nach Gott Raum erfährt, wo sich Menschen für eine immer intimere Beziehung zu Gott entscheiden und um Beistand bitten, begegnen sie dem Heiligen Geist; dieser schafft Raum für stärkere Gnade und gibt Kraft für den Auftrag in der Welt; Begegnungen mit Gott und den Mitmenschen lassen wachsen in der Liebe und in der Freude – und diese Impulse stärken wiederum die Sehnsucht.

In einer großen Gemeinschaft

„Betet ohne Unterlass“ (1 Thess 5,17) – das berühmte Pauluswort steht gewissermaßen Pate für die Tageszeitenliturgie, das öffentliche Gebet der ganzen Kirche: „Morgenlob und Abendlob sind Angelpunkte für den Tag“, sagt Birgit Schultheiß, ehrenamtliche Referentin bei „Treffpunkt Christsein“. „Wenn wir die Stundenliturgie beten, dann sind wir in einer großen Gemeinschaft: Dieser Rhythmus, dieser Tagesablauf, verbindet uns miteinander, mit Christen auf der ganzen Welt.“

Als besondere Form der Beziehungspflege mit Christus steht die eucharistische Anbetung im Fokus des Themenabends. „Durch die Liturgie des Abendlobes können wir in die Anbetung einstimmen“, erklärt Birgit Schultheiß. In der Anbetung finde das, was die Gemeinde sonntäglich feiert, nämlich das Mysterium Christi, seine Menschwerdung und sein Pascha, Leidenstod und Auferweckung, eine Fortsetzung.

Spontanes Verlangen des Herzens

Aber „warum ‚starren‘ wir 15 Minuten lang schweigend auf ein Stück Brot?“ fragt Birgit Schultheiß beim Gesprächsabend im Gemeindehaus – und antwortet mit Gedanken und Zitaten aus Geschichte und Gegenwart: In der Form des gewandelten Brotes zeige sich die Liebe Gottes, komme dem Menschen entgegen und sagt: Ich bin für immer dein, du kannst dich auf mich verlassen. „Anbetung ist das spontane Verlangen des Herzens, Gott zu loben, zu ehren, ihn zu erheben und zu preisen.“

Wer vor dem gewandelten Brot niederkniet, kniet vor einem kleinen Stück Gott nieder, weil er das Wunder der göttlichen Liebe anschauen und von dieser göttlichen Liebe angeschaut werden möchte. „In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um ihm dort zu begegnen“, hat Papst Benedikt XVI. einmal gesagt. Für Michael Seitz, der am 27. Mai in Zwiefalten zum Ständigen Diakon geweiht wird, verkörpert die „Johannesminne“ in Heiligkreuztal, was Anbetung bedeuten kann: Dieses besondere Skulpturenmotiv zeigt Johannes, wie er seinen Kopf auf die Brust von Jesus legt, das Ohr nah an seinem Herzen. „Eine unglaublich schöne Darstellung. Das ist, was auch wir machen können in der Anbetung.“

„Treffpunkt Christsein“: Beten

Am Donnerstag, 25. Mai, 19 Uhr, lädt der „Treffpunkt Christsein“ in die Nikolauskapelle in Ulm-Wiblingen auf dem Friedhof ein. Die Kapelle auf dem Friedhof legt etliche Themen nahe: Wie können wir im Angesicht der Endlichkeit und des unausweichlichen Todes beten? Wie werden wir im Blick auf ein trinitarisches Altarbild „dreifaltig“ beten? Welche Impulse gibt uns dazu der heilige Nikolaus, der in der orthodoxen Kirche als „Festung des Glaubens und Gefäß der allheiligen Dreifaltigkeit“ verehrt wird. Birgit Schultheiß und Dekanatsreferent Dr. Wolfgang Steffel vom „Treffpunkt Christsein“-Team erörtern in einer Andacht diese Themen.

Am Dienstag, 13. Juni, 19 Uhr, geht es beim „Treffpunkt Christsein“ um das Thema „Zeitgemäß beten zwischen Tradition und Kreativität“. Dieser letzte Abend der Reihe findet als Hybrid-Veranstaltung im Bischof-Sproll-Haus, Olgastr. 137, in Ulm statt und kann auch über
https://zoom.us/j/8852699290?pwd=OHpQZ05VVW80dUU1d1pZT3BCSHc1QT09 (alternativ Zugang über www.zoom.us bei "Einem Meeting beitreten" mit: Meeting-ID: 885 269 9290, Kenncode: 196365) besucht werden.

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