Weihnachten

Weihnachtsatmosphäre bis in die Krankenzimmer hinein

Zum 6. Mal findet das Stuttgarter Weihnachtssingen im Gazi Stadion statt und wird dieses Mal zum ersten Mal auch in die Krankenhäuser gestreamt. Foto: DRS

Stuttgarter Weihnachtssingen-Stream 2024 erreicht erstmalig auch Patienten im Marienhospital und im Diakonie-Klinikum.

Während gesunde Menschen sich auf den Weihnachtsmärkten und Weihnachtsfeiern auf das Fest der Liebe vorfreuen dürfen, geht die Weihnachtsatmosphäre an den vielen kranken Menschen vorbei, die vor und während der Feiertage ans Bett gebunden sind. Sarah Kubin-Scharnowski, Mitglied des Organisationsteams des Stuttgarter Weihnachtssingen und Vertreterin des DJK-Diözesansportverbandes in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, hatte die Idee, die Traditionsveranstaltung aus dem Stuttgarter Gazi-Stadion auch zu den Kranken zu streamen. In der katholischen Klinikseelsorgerin Ursula Kaiser fand die Geschäftsführende Bildungsreferentin eine begeisterte Kooperatorin im Marienhospital. Im Interview berichten beide Frauen über die gelungene Zusammenarbeit.

Frau Kubin Scharnowski, wie ist die Idee des Stadionsingens entstanden?

Das Stuttgarter Weihnachtssingen findet in diesem Jahr zum sechsten Mal statt und ist als gemeinsame Initiative der katholischen und evangelischen Kirche, der Stadt Stuttgart, den Stuttgarter Kickers und weiterer Partner entstanden. Von Anfang an dabei war Patrick Bopp, bekannt von der Vokalgruppe FÜENF, der auch Moderator und "Vorsänger" der ganzen Veranstaltung ist.

Warum ist die Diözese mit Veranstalter dieses Events? Was haben Sport und Kirche gemeinsam?

Die Grundidee ist und bleibt, kurz vor Heiligabend gemeinsam Weihnachten herbeizusingen, über alle Religions-, Generations- und sozialen Grenzen hinweg. Das Programm läuft - anlog zu einem Fußballspiel - zweimal 45 Minuten, dazwischen gibt es eine Pause.

Erstmalig wird die Veranstaltung in zwei Stuttgarter Krankenhäuser gestreamt?

Der Stream erreicht schon jetzt Menschen im Ausland oder anderen Städten. Auch einige Kirchengemeinden streamen das Weihnachtssingen in ihre Kirchen oder Gemeindehäuser. Besonders freuen wir uns jetzt darüber, dass erstmals das Stuttgarter Marienhospital und das Diakonie-Klinikum ihre Patienten zum Stream einladen möchten. Weitere Krankenhäuser könnten folgen, genau wie Seniorenheime oder andere Pflegeeinrichtungen. Wir arbeiten weiter daran, das Weihnachtssingen auch zu denen zu bringen, die nicht ins Stadion kommen können!

Was hat Sie als Klinikseelsorgerin im Marienhospital motiviert, die Initiative des Weihnachtssingen-Organisationsteams aufzugreifen, Frau Kaiser?

Es hat mich beeindruckt, dass die Organisation auch an die kranken Menschen denkt, die nicht teilnehmen können. Es macht sicherlich auch etwas mit den Teilnehmenden vor Ort, nicht nur für sich ein Event zu genießen, sondern auch für andere zu singen.

Warum halten Sie diese Idee für sinnvoll und wichtig?

Der Weihnachtssingen-Stream zeigt für mich eine Solidarität mit all jenen, die nicht selber am Weihnachtssingen im Stadion teilnehmen können, weil sie krank, nicht mobil sind, keine Möglichkeit haben, es sich nicht leisten können - aus welchen Gründen auch immer. Auch sie haben das Recht auf ein bisschen Advents- und Weihnachtsstimmung.

Frau Kaiser, was macht der Weihnachtssingen-Stream mit den Menschen im Krankenhaus?

Die Patientinnen und Patienten fühlen sich manchmal abgeschnitten von der "Welt da draußen". In der Adventszeit ist das besonders spürbar. Während draußen der Stuttgarter Weihnachtsmarkt besucht wird, sind sie im Marienhospital an das Bett gebunden. Der Weihnachtssingen-Stream ermöglicht ihnen an einer Stuttgarter Veranstaltung teilzunehmen, die Weihnachtsatmosphäre vermittelt und sie ins Krankenzimmer bringt. Es hat etwas Tröstliches, dass an sie gedacht wird und sie nicht vergessen sind. Die bekannten Weihnachtslieder berühren die Menschen im Inneren und laden vielleicht sogar die eine oder den anderen Patienten zum Mitsingen oder "Mitsummen" ein.

Frau Kubin-Scharnowski, was steht dieses Jahr auf dem Programm?

Die Moderation macht wieder Patrick Bopp, bekannt als Memphis von der ehemaligen Vocal-Comedy-Gruppe “Die Füenf” und Initiator der Mitsingreihe “Aus voller Kehle für die Seele”. Vokale Unterstützung gibt es diesmal doppelt: von Christian Langer, ehemals Füenf, und zum ersten Mal mit dabei ist Marie Louise. Gesungen werden klassische Weihnachtslieder, Kinderlieder, aber auch englische Chrismas-Songs. Dazu gibt es wieder eine stimmungsvolle Light-Show.

Weshalb, glauben Sie, haben die Menschen das Bedürfnis, in der großen Gemeinschaft zu singen? Was ist das Geheimnis dieses Erfolges?

Das Publikum ist buntgemischt, Menschen der verschiedensten religiösen Gruppierungen sind dabei, genau wie Menschen, die von sich sagen, dass sie sonst mit Kirche oder Religion nicht viel zu tun haben. Sie alle eint die Vorfreude auf Weihnachten und der Wunsch nach einer friedlicheren Welt.

Ganz wesentlich für das Weihnachtssingen ist auch der Veranstaltungsort - kein Konzertsaal, keine Kirche - sondern ein Stadion, in dem sonst die Spiele der Stuttgarter Kickers stattfinden. Stadien sind Orte der Gemeinschaft und der großen Gefühle - beides passt sehr gut zu Weihnachten, finde ich. Gleichzeitig sind Orte des Sports - Turnhallen, Sportplätze und eben auch ein Stadion - heute für viele Menschen deutlich niedrigschwelliger zu betreten, als etwa eine Kirche. So gehen wir als Kirchen mit der weihnachtlichen Friedensbotschaft eben dahin, wo die Menschen gerne hingehen. Für uns als katholischer Sportverband ist das seit über 100 Jahren eine Selbstverständlichkeit, für uns gehören Sport und Spiritualität schon immer zusammen. Und für die großen Kirchen ist diese besondere Möglichkeit eine große Chance."

"Es ist für mich wunderschön zu sehen, wie berührt die Menschen von der Atmosphäre im Stadion, den Liedern und dem gemeinsamen Singen sind. Kinder singen ausgelassen den Hit "In der Weihnachtsbäckerei" mit. Kickers-Fans mit Schal und Weste, die offensichtlich an ihren Stammplätzen stehen, stimmen erst zögernd, dann immer kräftiger ein. Manche Familien halten sich bei "Stille Nacht" im Kerzenlicht im Arm. So soll es sein!" Sarah Kubin-Scharnowski

„Dass das Stuttgarter Weihnachtssingen Jahr für Jahr mehr Zulauf erhält, zeigt, dass die Menschen Sehnsucht nach einem friedlichen Miteinander haben, vor allem, weil die Welt um uns herum gerade zunehmend unfriedlicher wird. Friede den Menschen auf Erden ist die Botschaft, die ganz eng mit der Geburt Jesu Christi verbunden ist.
Von Wham bis „In der Weihnachtsbäckerei“ ist für jeden Geschmack etwas dabei. Wenn aber tausende Menschen im Stadion den All-Time-Favorit „Stille Nacht“ singen, berührt mich das ganz besonders. Stille Nacht handelt von der Sehnsucht nach einer besseren Welt. Ich bin mir sicher, dass die Menschen diesen kleinen Funken Weihnachtsbotschaft mit nach Hause nehmen.“ Karin Schieszl-Rathgeb

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