Im Namen der „Historischen Kommission“ für das Seligsprechungsverfahren des ehemaligen württembergischen Staatspräsidenten Dr. Eugen Bolz übergab Prof. Dr. Andreas Holzem am Mittwochvormittag das Gutachten „Eugen Bolz – Ein christliches Martyrium im Nationalsozialismus“ an Bischof Dr. Gebhard Fürst. Das umfangreiche, rund 250 Seiten starke Gutachten belegt, dass Bolz aus seiner katholisch-christlichen Überzeugung heraus Widerstand gegen die Nationalsozialisten leistete. In den kommenden Tagen soll es an das Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse in Rom übermittelt werden.
Bischof Fürst betonte, dass es für den weiteren Prozess der Seligsprechung von größter Bedeutung sei, dass Bolz aus seiner katholisch-christlichen Grundüberzeugung heraus gehandelt hat. Er dankte den Mitgliedern der „Historischen Kommission“ herzlich für ihre, wie er sagte, „jahrelange und anspruchsvolle Arbeit“. Neben Holzem, der als Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen lehrt, gehören der Kommission Dr. Daniela Blum, Professorin für Kirchengeschichte an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, sowie Wolfgang Zimmermann, Direktor des Generallandesarchivs Karlsruhe mit der Dokumentationsstätte Rechtsextremismus, an.
Kriterien für Seligsprechung
Fürst sprach angesichts der Fertigstellung des Gutachtens und der nun kommenden Weitergabe nach Rom von einer "Zäsur" im laufenden Verfahren. Offizial Thomas Weißhaar, Bischöflicher Beauftragter für das Seligsprechungsverfahren von Eugen Bolz, erläuterte, dass Bolz als Märtyrer seliggesprochen werden solle. Im Unterschied zu Pater Jeningen, dem die Heilung eines unheilbar kranken Mannes zugeschrieben wurde, müsse bei einer Seligsprechung als Märtyrer kein Wunder festgestellt werden. Vielmehr müssten drei Kriterien erfüllt sein: die Tatsache des gewaltsamen Todes, der Glaubens- und Kirchenhass seiner Verfolger sowie die Bereitschaft des Glaubenszeugen, den Willen Gottes innerlich angenommen zu haben.
Bolz wurde als Sohn einer alteingesessenen katholischen Handwerkerfamilie in Rottenburg a. N. geboren. Für den an der katholischen Soziallehre orientierten Zentrumspolitiker war Politik nichts anderes als praktisch angewandte Religion. Dies drückte sein Wahlspruch aus: „Die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit.“ In dieser Haltung setzte sich Bolz gegen Totalitarismus, Menschenverachtung und Machtvergötterung ein. Bolz war den Nationalsozialisten schon in den 1920er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wegen seiner im christlichen Glauben gründenden Grundhaltung verhasst. Bereits 1933 war er verhaftet worden. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Hohenasperg befasste er sich intensiv mit päpstlichen Sozialenzykliken und pflegte Kontakte zum Kloster Beuron. Auch beriet Bolz den Caritasverband in Stuttgart. 1942 schloss er sich dem Widerstandskreis um Carl-Friedrich Goerdeler an. Nach dessen Plänen sollte Bolz nach dem Ende des Naziregimes Kulturminister in Deutschland werden. Nach dem missglückten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee enthauptet.
Glaubenszeuge gegen das NS-Regime
Bischof Fürst sagte anlässlich der Eröffnung des Seligsprechungsprozesses im Jahr 2015, Bolz sei neben dem von den Nationalsozialisten verfolgten Rottenburger Bischof Joannes Baptista Sproll der zweite große Bekenner und Glaubenszeuge der württembergischen Diözese gegen das NS-Regime. In der römischen Kirche San Bartolomeo auf der Tiberinsel, Gedenkkirche der Märtyrer des 20. Jahrhunderts, ist in einer Vitrine eine kleine Hostientasche zu sehen: Bolz’ Ehefrau Maria und Tochter Mechthild brachten in dieser Tasche dem zum Tod verurteilten Ehemann und Vater heimlich die heilige Kommunion ins Gefängnis Plötzensee.