Eigentlich sollte Professor Stefan Peters, Direktor des Deutsch-Kolumbianischen Friedensinstituts in Bogotá, das Friedensthema am Beispiel des südamerikanischen Landes in den Blick nehmen. Doch der sprichwörtliche "Elefant im Raum" bei der Eröffnungsveranstaltung am Donnerstag war der Krieg in der Ukraine. Nachdem die gemeinsame Tagung der diözesanen Akademie und der Pädagogischen Hochschule in Weingarten zusammen mit Engagement Global, einem Service für Entwicklungsinitiativen, wegen Corona zweimal verschoben werden musste, stellte sich die Frage aktueller denn je: "Wie geht Frieden?"
Trotz des "Elefanten" erinnerte Peters an Afghanistan, "ein Desaster internationaler Politik", an Äthiopien, wo ein Hoffnungsträger zur Enttäuschung wurde, an den Krieg im Jemen, der aus der Öffentlichkeit verschwunden sei - und eben an den "gewaltsamen Frieden" in Kolumbien. Auch in dieser globalen Sicht stelle sich zuerst die Frage, was Frieden überhaupt sei. Im Podiumsgespräch im Anschluss an den Vortrag wiesen jüngere Teilnehmende darauf hin, dass sie eigentlich nur Frieden kennen. Frieden ist für Friedensforscher Peters, der an der Justus-Liebig-Universität Gießen lehrt, jedoch nicht nur die Abwesenheit von Krieg.
Kein Leben ohne Konflikte
Aber auch eine unerreichbare Utopie völliger Harmonie könne nicht das Ziel sein, erklärte der Dozent. Frieden ließe sich eher mit nachhaltiger Entwicklung, Wohlstand, Demokratie und Gerechtigkeit umschreiben. Da Konflikte grundsätzlich zum Leben gehörten - im Kleinen wie im Großen - gehe es um den Umgang mit ihnen. Ein allgemeingültiges Rezept für Frieden wie eines für Käsespätzle gebe es nicht. Daher sei Frieden im Plural zu denken. Auch die Intensivierung von Handelsbeziehungen zum Konflikt-Gegenüber sei ein hilfreicher Ansatz gewesen.
Aber gerade am Beispiel Russland zeige sich, dass Theorien in der Friedensforschung immer wieder mit neuen Realitäten konfrontiert würden und Neubestimmungen notwendig seien. Für Peters ist es wichtig, dabei auf Augenhöhe den betroffenen Menschen zuzuhören. "Wir meinen immer wir sind die Guten", kritisierte der Wissenschaftler und nannte mit dem Massengrab Mittelmeer ein Beispiel, wo der Westen seinen Werten nicht gerecht werde. Auch die Politik in der Demokratie brauche eine kritische Zivilgesellschaft, der sie nicht folgen, die sie aber hören müsse.