Caritas

Wille, die Pflege aufzuwerten, ist verpufft

Katholische Träger der Altenhilfe in Württemberg kritisieren „Impfpflicht exklusiv“ und aufwändiges Meldeverfahren der nichtgeimpfen Mitarbeitenden.

Corona hat die Pflege an ihren Rand gebracht und zugleich gezeigt, wie unersetzlich und relevant Pflege für unsere Gesellschaft ist. „Unsere Pflegekräfte haben sich in den zwei Jahren Pandemie zwischen Überlastung und Applaus bewegt“, sagten die Sprecher des württembergweiten „Netzwerk Alter und Pflege“ Prof. Dr. Wolfgang Wasel (Vorstand Stiftung Haus Lindenhof, Schwäbisch Gmünd) und Boris Strehle (Leiter der Altenhilfe, Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn). Bei der jährlichen Netzwerkversammlung verwiesen sie auf die massiven Personalengpässe in den Häusern. Mehr denn je fehle es an Personal. Die vorhandenen Pflegekräfte seien am Limit, vielfach fielen Mitarbeitende aufgrund von Corona-Erkrankungen aus, gut zehn Prozent der Mitarbeitenden seien derzeit durchschnittlich in Quarantäne, einrichtungsbezogen auch mehr. Der zuletzt von der Politik beschlossene Pflegebonus erkenne zwar die Leistungen an, sei jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein. Der vielfalch bekundete politsche Wille, die Pflege aufzuwerten, sei verpufft.

Berufsgruppenbezogene Impfpflicht sendet schlechtes Signal

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht habe die Belastung des Personals zusätzlich verschärft. Generell befürworten die katholischen Anbieter im Netzwerk Alter und Pflege das Impfen als Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie. „Statt einer ‚Impfflicht exklusiv‘ brauchen Pflegekräfte aber die Perspektive, dass ihr Arbeitsalltag leistbar wird“, so die beiden Sprecher. Angesichts des Scheiterns einer allgemeinen Impfpflicht betonten sie, für die Mitarbeitenden in den Pflegeeinrichtungen müsse Gleiches gelten wie für den Rest der Bevölkerung. Eine Impfpflicht nur für diejenigen Berufsgruppen, die das System während der ganzen Pandemie über aufrecht erhalten haben, sei zu kurz gegriffen und ein schlechtes Signal. Die Konsequenz sei nicht nur eine drohende Versorgungslücke in der Altenpflege ambulant wie stationär, sondern auch der Verlust von engagierten Mitarbeitenden.

Die Impfquote verbunden mit dem weiterhin großen Engagement der Beschäftigten zeigt, mit welch großem Verantwortungsbewusstsein das Personal bei der Sache ist, trotz anhaltender Belastung.
Wolfgang Wasel / Boris Strehle

Die Meldung der nichtgeimpften Personen sei aufwändig und mit viel Bürokratie verbunden gewesen. Kräfte seien gebunden worden, die an anderer Stelle für die Arbeit mit Pflegebedürftigen dringend benötigt worden wären. Stellenweise seien die Träger gezwungen gewesen, die Anzahl der ungeimpften Personen per Post zu melden, da eine digitale Meldung nicht funktionierte. Sollten die Gesundheitsämter tatsächlich Betretungsverbote aussprechen, rechne man mit weiteren großen Belastungen für die Mitarbeitenden und ebenso mit Einschränkungen bei der Qualität der Versorgung der Klienten. Mit einer Impfquote von rund 90 Prozent weisen die Mitarbeitenden in den Pflegeeinrichtungen und Diensten der Träger im Netzwerk Alter und Pflege eine überdurchschnittliche Impfquote auf. „Die Impfquote verbunden mit dem weiterhin großen Engagement der Beschäftigten zeigt, mit welch großem Verantwortungsbewusstsein das Personal bei der Sache ist, trotz anhaltender Belastung“, so Strehle und Wasel.  

Um die Pflege zukunftsfest zu machen, brauche es dringend mehr Menschen, die sich für die Arbeit in einem pflegerischen Beruf entscheiden, so die beiden Sprecher. Den Beruf der Pflege gelte es kontinuierlich aufzuwerten. Hierfür müssten die Rahmenbedingungen in Bund und Land weiterentwickelt werden. Die durch die „kleine Pflegereform“ im letzten Jahr in Gang gesetzten Veränderungen reichten nicht aus, um die Altenhilfe in Württemberg zukunftsfest zu machen. Nun müsse eine echte Reform folgen, die wirksame Antworten auf den Personalnotstand und den enormen Verwaltungsaufwand finde.

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