Maria Heubuch ist ehemalige Europaabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und „Bäuerin aus Leidenschaft“, wie sie selbst sagt. Sie lebt im württembergischen Allgäu in der Nähe von Leutkirch und betreibt gemeinsam mit ihrer Familie einen Milchviehbetrieb. Ihren 40-jährigen Erfahrungsschatz als Bäuerin bringt sie am Dienstag, 10. März, in die Tagung „Wir sind dran, Zukunft zu gestalten – ökonomisch, ökologisch, sozial“ im Kloster Heiligkreuztal ein. Im Interview gibt sie einen kleinen Einblick, was die Teilnehmer rund um eine so genannte enkeltaugliche Zukunft erwartet.
Sie sind „Bäuerin aus Leidenschaft“, Frau Heubuch. Was gefällt Ihnen denn besser: Politik oder Bauernhof?
Ohne Bauernhof wollte ich keine Politik machen, würde ich sagen. Ich habe auch in meinen Zeiten als Europaabgeordnete immer am Wochenende daheim auf dem Bauernhof mitgearbeitet. Alles andere hätte ich vermisst. Die Arbeit mit den Tieren und auf dem Feld ist ein guter Ausgleich. Es erdet, man bekommt einen klaren Blick und dreht sich nicht mehr im Kreis. Zudem war mir der Praxisbezug immer wichtig. Und am Ende hatte der Bauernhof immer oberste Priorität.
Welche besonderen Herausforderungen stellen sich im ländlichen Raum, wenn es darum geht, die bestmöglichsten Weichen für die Zukunft zu stellen?
Zunächst einmal sind die Herausforderungen auf dem Land jenen in der Stadt sehr ähnlich. Vielleicht trifft uns auf dem Land der Klimawandel aber doppelt, denn die Auswirkungen einer langen Trockenheit sind bei uns beispielweise stärker zu spüren. Hier geht es darum, wie wir unsere Arbeiten, unsere Wirtschaftsweisen konkret klimafreundlich gestalten. Auch beschäftigt uns auf dem Land das Tierwohl stärker, da wir mit den Tieren arbeiten. Blickt man auf das Thema Mobilität, so ist auch dieses eine besondere Herausforderung, da die Abkehr vom Individualverkehr hier weitaus schwieriger ist als in urbanen Gebieten. Und nicht zuletzt geht es auf dem Land nochmals intensiver darum, Infrastruktur wie die Gesundheitsversorgung und Dienstleistungsangebote aufrecht zu erhalten.
Was steckt hinter einer gemeinwohlorientierten Landwirtschaft, über die Sie bei der Tagung sprechen?
In der Landwirtschaft spricht man auch von der Agrarökologie. Dabei stehen Begriffe wie Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit im Vordergrund. Als ganz konkretes Beispiel lässt sich die solidarische Landwirtschaft benennen. Hierbei tun sich Interessierte zusammen und stellen Kapital zur Verfügung, damit auf einem Hof beispielsweise Gemüse angebaut und Tiere gezüchtet werden. Die produzierten Lebensmittel werden an die Menschen verteilt, die ihre Anteile einbringen. Wie konkret das abläuft, entscheiden die Anteilseigner demokratisch. Teilweise können diese auch auf dem Hof mitarbeiten. Die Beteiligten tragen aber auch gemeinsam das Risiko, wenn der Hagel beispielsweise eine Ernte vernichtet. Dann gibt es das angebaute Gemüse einfach nicht.
Für mich steht fest, dass wir so, wie es bis jetzt gelaufen ist, nicht weitermachen können, sondern zu solchen Formen einer gemeinwohlorientierten, agrarökologischen Landwirtschaft finden müssen. Sonst fällt uns alles auf die Füße. Diese Umkehr ist allerdings nicht allein Sache der Landwirte, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der es um unseren Konsum, unsere Arbeit und die ganz grundlegende Frage geht, wie wir alle unser Leben gestalten wollen.
In diesem Zusammenhang fällt häufig auch der Begriff einer enkeltauglichen Zukunft. Welche Vorkehrungen treffen Sie im Alltag, um die Zukunft enkeltauglich zu gestalten?
Ich versuche, bewusst zu leben und nicht wahllos zu konsumieren. Das heißt: Ich gehe regional einkaufen. Regional steht bei mir noch über Bio. Bei uns gibt es im Winter auch nichts aus Spanien. Zudem vermeide ich Plastik, so gut wie möglich, und habe immer meine Gemüsenetze mit dabei. Wir reparieren viel selbst und verwenden Dinge wieder, anstatt sie einfach wegzuwerfen. Und wir versuchen, in allen Bereichen Energie einzusparen.
Welche Rolle spielt der Glaube, wenn es um eben diese enkeltaugliche Zukunft geht?
Ich bin religiös aufgewachsen und habe die Grundwerte verinnerlicht. Allein schon deshalb fällt es mir schwer, ein Butterbrot wegzuwerfen. Das kriegen bei uns die Hühner, denn es ist einfach wertvoll. Menschen, die vom Glauben geprägt sind, haben die Bewahrung der Schöpfung verinnerlicht. Sie haben einen ganz besonderen Respekt vor der Natur und vor den Lebewesen.