Wolfram Rösch fühlt sich der Benediktinerabtei im unterfränkischen Münsterschwarzach sehr verbunden. Der 60-jährige Pastoralreferent der Gesamtkirchengemeinde Schwäbisch Hall ist daher ein sogenannter Oblate geworden. Was das bedeutet und wie der Weg dorthin aussah, erklärt er im Interview.
Herr Rösch, Sie tragen ja gar keine Ordenstracht.
Wir haben eine Plakette als Erkennungszeichen.
Und Sie müssen auch nicht im Kloster leben?
Wir versuchen, in der Welt außerhalb des Klosters im Geist des heiligen Benedikt zu leben. Wir sind aber keine Hobbymönche, es ist auch mehr als ein Freundeskreis des Klosters. Oblaten schließen sich einem Kloster an. Sie binden sich an ein bestimmtes Kloster. Das hat eine lange Geschichte. So wurde Thomas von Aquin ins Kloster Montecassino in Obhut gegeben.
Wie sieht diese Bindung ans Kloster aus?
Wir unterstützen das Kloster ganz praktisch, helfen beim Weltmissionssonntag oder arbeiten ein paar Tage zum Beispiel im Garten mit. Einmal im Jahr gibt es Exerzitien, außerdem regelmäßig Wochenenden für Oblaten. Viermal im Jahr treffen wir uns online.
Warum sind Sie dieser Gemeinschaft beigetreten?
Ich hatte schon immer ein Faible für die Benediktiner. Im Studium habe ich überlegt, ob ich dem Orden beitrete oder nicht. Ich konnte es mir aber nicht vorstellen, Mönch zu werden. Durch eine Auszeit im Recollectio-Haus im Jahr 2021 habe ich die Abtei Münsterschwarzach kennengelernt. Sie ist mir gewissermaßen zu einer Heimat geworden. Es ist ein spiritueller Ort, der mir guttut. Ich habe die Mönche als Gottsucher erlebt. Das fand ich bereichernd und sympathisch. Ich bekomme Input von außen und kann meine kirchliche Arbeit reflektieren. So hat es sich herauskristallisiert, dass ich mich an das Kloster binden will.
Was hat Ihre Frau dazu gesagt?
Wir hatten lange Gespräche. Dabei hat sie gemerkt, wie wichtig mir das ist; dass es mein Weg ist. Jetzt, da die Kinder aus dem Haus sind, kann ich solche Auszeiten leichter nehmen.
Was mussten Sie für den Beitritt zur Oblatengemeinschaft tun?
Die Vorbereitung dauerte ein Jahr. Wir waren eine Gruppe von fünf Leuten, drei Männer – darunter ein Priester – und zwei Frauen. Sie haben unterschiedliche Berufe und private Hintergründe und kommen aus verschiedenen Gegenden. Wir trafen uns in Münsterschwarzach, um uns zu besinnen und mit den Regeln auseinanderzusetzen: Was bedeuten heute Gehorsam und Demut? Oder die Werkzeuge, sich mit dem Glauben auseinanderzusetzen. Toll ist auch, dass nach der Regel, alles im rechten Maß geschehen soll.
Wie lief die Aufnahme ab?
Die Oblation fand am Samstag vor dem Dreifaltigkeitssonntag, dem ersten Sonntag nach Pfingsten, statt. Der Gottesdienst war stellenweise ergreifend. Wir sind vorgestellt worden. Vorne im Chor haben wir die Oblationsurkunde verlesen. In dieser formulierten wir, dass wir nach den Evangelien in Tradition des heiligen Benedikt leben wollen. Wir haben auch "Suscipe me" – Nimm mich auf, o Herr – gesungen.
Wie setzen Sie das Versprechen im Alltag um?
Ich lese zum Beispiel in der Regel des heiligen Benedikt. Dabei fallen mir Sachen auf: So steht dort, dass bei schwierigen Entscheidungen die Jüngeren gefragt werden sollen. Das finde ich auch für die heutige Zeit wichtig, schließlich müssen sie die Entscheidungen dann tragen. Darauf habe ich schon in Sitzungen hingewiesen. Ebenso soll man zweimal am Tag das Vaterunser beten, damit man sich daran erinnert, anderen die Schuld zu vergeben.
Wie reagiert das Umfeld auf ihre Entscheidung?
Sehr positiv. Die Menschen wollen erfahren, was Oblaten sind. Ich habe dabei gemerkt, dass Menschen auf der Suche danach sind, welche Möglichkeiten es gibt, an spiritueller Tradition teilhaben zu können.