Friedensglocken

Zeichen der Versöhnung

Bischof Martin David aus Tschechien segnet eine Glocke in Sulz. Bild: DRS

Bischof Martin David segnet die Glocke im Turm von St. Johannes Evangelist In Sulz am Neckar. Bild: DRS

Eine von den deutschen Besatzern im Zweiten Weltkrieg in Tschechien abgehängte Glocke bleibt als Dauerleihgabe bei Sulzer Kirchengemeinde.

Bei einem Pontifikalamt in der katholischen Kirche St. Johannes Evangelist in Sulz mit Martin David, Diözesanbischof von Ostrau-Troppau in Tschechien, kam es am Samstag zur Segnung einer Friedensglocke. Vorangegangen war dem die Entscheidung der katholischen Kirchengemeinde im tschechischen Píšt, ihre während des Zweiten Weltkriegs von den deutschen Besatzern abgehängte Kirchenglocke der Sulzer Gemeinde als Dauerleihgabe zu übergeben und so ein Beispiel für die Versöhnung zwischen den Völkern zu geben.

Projektzeitraum umfasst sechs Jahre

Bereits einen Tag zuvor hatte Dr. Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, zusammen mit Bischof David und Bischof Jacek Jezierski aus Polen das Projekt „Friedensglocken für Europa“ gestartet, in dessen Rahmen die Weihe in Sulz erfolgte. Bei dem auf sechs Jahre angelegten Projekt geht es um 54 Glocken, die, so wie die Glocke aus Píšt, nach 1945 ins Gebiet der Diözese Rottenburg-Stuttgart gelangt waren. Auf Wunsch von Bischof Fürst sollen diese Glocken entweder in ihre Ursprungsgemeinden in Tschechien oder Polen zurückgebracht und zum Ersatz neue Glocken gegossen werden oder sie verbleiben nach Übereinkunft mit den Kirchengemeinden, in denen sie ursprünglich hingen, so wie in Sulz in Deutschland. In beiden Fällen kommt es zur symbolträchtigen Weihe von Friedensglocken.

Eine gemeinsame und friedvolle Zukunft

In seiner Predigt in Sulz sagte Bischof David: „So, wie wir auf die Stimme der Glocken hören, müssen wir auf die Seligpreisungen und das ganze Evangelium hören. Diese werden unsere Herzen im Einklang mit dem Herzen Gottes zum Klingen bringen.“

Bei dem Pontifikalamt wurden auch zwei Gedenktafeln gesegnet, die an die Geschichte der Glocke erinnern und die Mahnung zum Frieden wachhalten sollen. Pfarrer Georg Lokay aus Sulz überreichte eine der beiden Tafeln an Pfarrer Petr Černota für dessen Gemeinde St. Laurentius in Píšt. 

Im Namen der tschechischen Delegation sagte Karl Boczek, dass sich in dem mehrjährigen Austausch zwischen den Beteiligten in beiden Ländern, der dem Projektstart vorausging, immer deutlicher herausstellte, dass die Glocken zum Zeichen für etwas werden, das über sie hinausweist: eine gemeinsame, versöhnte und friedvolle Zukunft zwischen den Ländern mitten in Europa.

Daniel Fichna, Bürgermeister von Píšt, hielt fest, dass die Entscheidung von Pfarrer Georg Lokay und allen Kirchengemeinderäten von St. Johannes Evangelist in Sulz, die Glocke zurückzugeben, sehr geschätzt worden sei und betonte: „Aber gerne vertrauen wir sie Ihnen zur weiteren Nutzung als ein Zeichen der Freundschaft an, zu der uns die Weihe unseres Marienwallfahrtorts auffordert, zu Frieden in der Welt und Versöhnung zwischen den Völkern.“

Allergrößten Respekt und Anerkennung

Gerd Hieber, Bürgermeister der Stadt Sulz, schloss sich dem an und sagte: „Die Glocke an ihren Ursprungsort nach Píšt zurückzuführen, wäre trotz des damit verbundenen Aufwands der richtige Weg gewesen.“ Die Entscheidung der Píšťer Glaubensgemeinde, die Glocke der Sulzer katholischen Gemeinde als Dauerleihgabe zu überlassen, sei sehr großzügig und verdiene allergrößten Respekt und Anerkennung. „Mit der Glocke aus Píšt haben wir nun in Sulz ein weiteres Mahnmal für Frieden und Freiheit, das an die deutsch-tschechische Geschichte des Zweiten Weltkriegs erinnert. Ich bin überzeugt, die Friedensglocke in Sulz wird als Kulturdenkmal einen wichtigen Beitrag für ein besseres Verständnis zwischen den Menschen in Deutschland und Tschechien geben“, sagte der Bürgermeister. Für die Stadt Sulz stehe die Friedensglocke als Zeichen der Verantwortung, immer an den geschichtlichen Auftrag zu erinnern, dass sich solche Zeiten wie vor 80 Jahren nicht wiederholen.

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