Sail and Pray

Segeltagebuch

Tag 7: Von Enkhuizen nach Workum



„Nur das Wasser wird immer nasser“, sagt der Seeelefant von Urmel aus dem Eis. Tatsächlich hatten wir heute irgendwann das Gefühl, dass das auch auf uns zutrifft. Zunächst konnten wir alle Segel setzen und übers Ijsselmeer Kurs auf unsere Endstation Workum nehmen. Im Lauf des Mittags jedoch nahm der Wind stetig zu und drehte in – für uns – ungünstige Richtungen, weshalb wir die Segel bergen (runterlassen) mussten und die letzten Meilen mit Motorantrieb durch die Wellen fuhren. Die Gischt durchnässte innerhalb von kürzester Zeit und zwischenzeitlich tat Wasser von oben (Regen) das Übrige dazu, dass „Trockenheit“ ein ferner Traum wurde. In den letzten anderthalb Stunden auf dem Kanal Richtung Workum tanzen wir uns warm und hatten trotz Nässe und Kälte einen wundervollen Tag zusammen. Dieser endete mit einer stimmungsvollen und musikgeladenen Eucharistiefeier, in der wir Gott für die vergangene Woche Dank sagen und auf besondere Weise unsere Gemeinschaft feiern konnte. Morgen heißt es für uns Abschied nehmen; dann nehmen wir mit unseren Autos Kurs auf die Heimat in die Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Um mit dem letzten Eintrag aus unserem Logbuch zu schließen: Dank dem Allmächtigen und dem Heiligen Nikolaus für die glückliche Heimkehr.

Tagemotto: "Was hat sich an meiner Zukunft verändert?"

Siebte Etappe

30. August 2020

Segeltagebuch

Tag 6: Von Makkum nach Enkhuizen




Der Traum: Segeln. Der Plan: übers Ijsselmeer. Mit epischer Auslaufmusik haben wir am Morgen den Hafen von Makkum verlassen und konnten direkt das Großsegel und die Fock (Segel vorn am Schiff) setzen. Wir lagen gut am Wind und konnten mit Höchstgeschwindigkeit mit 5-8 Knoten übers Meer segeln. Unser Schiff – die Juffrouw Ooievaer – hielt Kurs auf einen nahen Hafen, aber weil die Crew heiß ist, Lust hat und das Wetter gut ist, setzen wir unsere Fahrt fort und jagten übers Ijsselmeer gen Enkhiuzen. Dabei genossen das einmalige Erlebnis, eine Stunde absolute Stille auf dem Schiff. Was für ein Traumtag auf dem Traumschiff mit der Traumcrew! Don’t call it a dream, call it a plan!

In Enkhuizen gabs erstmal ein Eis für die Crew und einen wundervollen Spaziergang durch das malerische Städtchen, das im 16./17. Jahrhundert zu großem Reichtum gekommen war.

Tagesmotto: "Don’t call it a dream, call it a plan!"

Sechste Etappe

29. August 2020

Segeltagebuch

Tag 5: Von Terschelling nach Makkum




Regen, Wolken, Sonnenschein, Gischt, Möwen, Seehunde, Großsegel, Schnelligkeit. Ein vielfältiger Tag für uns! Der heutige Tag startete mit einem gelungenen Ablege-Manöver und führte uns hinaus auf die recht stürmische Nordsee (Wattenmeer), auf der wir uns nicht nur im Segelsetzen üben konnten, sondern auch innerhalb kürzester Zeit von der Gischt bis auf die Haut durchnässt waren – zumindest die von uns, die nicht absolut dichte Regenkleidung anhatten. Doch wir wurden anschließend mit strahlendem Sonnenschein belohnt, der ein großartiges Farbenspiel auf die Wellen zauberte. Sicher erreichten wir die Schleuse zurück zum Ijsselmeer, wo wir in Makkum in den Hafen einfuhren und uns unter der Lichterkette einen Nachtisch gönnten. Im Austausch wurde uns bewusst, dass wir Gott heute vor allem in der Vielfalt und Schönheit der Natur finden konnten: im Regen wie im Sonnenschein, im Wind wie in der Stille, in den glitzernden Wellen wie in der grünen Natur an Land.

Tagesmotto: "Thou shalt not judge."

Fünfte Etappe

28. August 2020

Segeltagebuch

Tag 4: Von Harlingen nach Terschelling





„Sail away!“ hieß es für uns heute Morgen endlich. Begleitet von epischer Musik haben wir den Hafen von Harlingen verlassen und sind übers Wattenmeer nach Terschelling geschifft. Dabei lernten wir mithilfe der Karte auf den Seewegen zu navigieren. Außerdem haben wir den Klüverbaum an der Spitze unseres Schiffes heruntergelassen und konnten auf ihm ein großartiges Gefühl der Freiheit erleben. Auf der Insel Terschelling, in deren Hafen wir angelegt haben, haben wir einen wundervollen Sandstrand besucht und waren sogar baden! Unsere Versuche, übers Wasser zu gehen, liefen in etwa ebenso schief wie bei Petrus: Dessen Begegnung mit Jesus auf dem See Genezareth bildete nämlich den Kernpunkt unseres spirituellen Impulses.

Tagemotto: "You are more than enough!"

Vierte Etappe

27. August 2020

Segeltagebuch

Tag 3: Landgang in Harlingen





Aufgrund des heftigen Sturms blieben die Segel heute unten und unser Schiff im Hafen liegen. Sogar die Schleußen an der Hafeneinfahrt wurden im Lauf des Tages geschlossen, um die Stadt vor einer Überflutung zu schützen. Trotzdem hatten wir einen sehr schönen Tag. Nach einem gemütlichen Frühstück ging es durch die Stadt über den Damm ans Meer. Wir wissen jetzt: Bei Windstärke 7-8 kann man sich fast am Wind „anlehnen“ und man muss bei manchen Böen aufpassen, dass man stehen bleibt. Die Stunde Stille am Nachmittag nutzen viele von uns für einen Spaziergang. Wesentlich war uns heute die Gemeinschaft: als Crew auf dem Schiff, aber auch als Christ*innen in unserer Kirche, verbunden durch die Taufe.

Tagesmotto: "You'll never sail alone!"

Segeltagebuch

Tag 2: Von Langehoeckspolle nach Harlingen

 

 

 

Karibikurlaub war zwar dieses Jahr nicht drin – dennoch ging es heute durch die Südsee! Wie das? Das Ijsselmeer hieß früher im Niederländischen Zuiderzee, was nichts anders als Südsee bedeutet (für weitere Informationen verweisen wir auf den entsprechenden Wikipediaeintrag). Zum ersten Mal konnten wir die Segel setzen und lernten allerhand Knoten zu knüpfen. Trotz des Regens, des heftigen Windes und so manch flauen Mägen hatten wir einen super Tag! Denn vielleicht ist es ja einfach gut so, wie es ist. Vieles machen wir nämlich nur zu Problemen. Um es mit Gottes Worten zu sagen: „Siehe, es ist gut.“

Tagesmotto: "Was wäre, wenn es gut ist, wie es ist?"

Zweite Etappe

25. August 2020

Segeltagebuch

Tag 1: Von Workum nach Langehoeckspolle

 

 

 

Leinen los! Nach einigen Startschwierigkeiten (wo ist der Rückwärtsgang?) haben wir unseren Weg zu einer einsamen Insel gefunden. Die ersten Seemeilen führten uns wegen des starken Windes allerdings nicht über das offene Meer, sondern durch einen Kanal auf einen Binnensee. Unser Segelabenteuer will uns nicht nur von Hafen zu Hafen führen, sondern auch Impulse für unser Leben geben: „Volle Kraft voraus, so weit wie die See und der Wind uns trägt, hinein ins Abendrot“ – wohin führt diese Reise uns?

Übrigens: "Bft" bedeutet Beaufort-Skala. Sie ist eine Skala zur Einteilung der Windstärke. 4-5 heißt: Mäßiger bis frischer Wind. Hier sehen Sie die komplette Übersicht der Skala.

Erste Etappe

24. August 2020

Mit Gott in den Segeln

Eine Woche lang segeln Bischofssekretär Peter Hohler, sein Bruder Martin Hohler und Sr. Marie-Therese mit zwölf Teilnehmerinnen durch das niederländische Wattenmeer. Ihr Motto: „Sail & Pray“ – geistliche Segelfreizeit für junge Erwachsene. Bevor sie am 24. August in See stechen, erzählen sie im Interview, wie sie auf die Idee gekommen sind und wie man auf hoher See Gott finden kann.

Matthias Franz & Constanze Stark

Ihr habt vor, auf große Fahrt zu gehen: Sail & Pray. Was muss ich mir darunter vorstellen?

Peter Hohler: Vergangenes Jahr haben wir das Programm zum ersten Mal gestartet. Es geht darum mit christlichen jungen Erwachsenen eine Woche Freizeit mit geistlichen Elementen auf dem Segelboot zu verbringen.

Ist Segelerfahrung wichtig?

P. Hohler: Die Wenigsten bringen viel Segelerfahrung mit. Das ist aber überhaupt kein Problem. In einer Woche bringen wir ihnen das Segeln so gut bei, dass sie sich auf einem Segelboot schon sehr gut zurechtfinden und die Basics sicher beherrschen.

Wie findet das „Pray“ statt?

P. Hohler: Wir verbauen im Segelalltag Elemente aus der christlichen Spiritualitätstradition. Vor allem natürlich von der katholischen Kirche aber auch darüber hinaus. Man kann sagen, es sind geistliche Tage auf See oder etwas abgespeckte Exerzitien auf dem Meer mit einem Segelboot.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Martin Hohler: Mein Bruder und ich haben vor fünf Jahren die ersten Segelscheine gemacht. Als wir dann 2018 in Kopenhagen waren, haben wir - wie eigentlich jedes Jahr wieder- festgestellt, wie großartig Segeln ist und dass wir gerne andere Menschen dazu mitnehmen und davon begeistern möchten. Dann kamen wir auf die Idee, eine Woche Freizeit anzubieten.

Wie findet auf hoher See Spiritualität statt? Anders als auf dem Land?

Sr. Marie-Therese: Anders als an Land heißt: Wir versuchen die nautischen Einheiten, also das, was man zum Segeln können muss, mit Erfahrungen aus dem (geistlichen) Leben zu verbinden. Darüber hinaus gibt es auch vertraute geistliche Elemente.

Wie sehen diese aus?

Sr. Marie-Therese: Wir starten jeden Tag mit einem Morgenlob und einem Impuls. Weiter haben wir verschiedene Schriftstellen ausgesucht, bei denen es um das Leben am und mit dem Wasser geht. Außerdem wird es täglich ein Abendgebet mit einem Tagesrückblick geben. Darüber hinaus sicherlich auch eine gemeinsame Eucharistiefeier. Jeder Tag hat also einen festen geistlichen Ablauf.

Wird es auch Zeit geben, in der jeder für sich sein kann?

P. Hohler: Wie bei Exerzitien gehört auch eine Stunde Stille dazu. Es wird eine Zeit an Bord geben, in der wirklich jeder bei sich sein kann. Wenn Menschen auf so engen Raum beieinander leben, ist das einfach wichtig. Neben der Stille wird es auch regelmäßig die Möglichkeit geben, ein geistliches Gespräch zu führen. Mit Sr. Marie-Therese und mit mir als Priester sind zwei geistliche Begleiter an Bord.

Ist das für jeden etwas?

P. Hohler: Das geistliche Programm kann sehr intensiv werden. Es hängt auch davon ab, wie die einzelnen Teilnehmerinnen sich darauf einlassen. Wir machen kein hartes Pflichtprogramm, sondern wir bieten Dinge an. Was für den Einzelnen und seine Lebenssituation gut ist, das kann er mitnehmen. Das wichtigste an unserem Titel ist weder das „Sail“ noch das „Pray“, sondern das „und“ dazwischen. Ignatius von Loyola hat gesagt: Man kann im Leben, im Wahrnehmen unglaublich viel lernen für seinen Glauben. Und genau das tun wir bei „Sail & Pray“.

Wie muss ich mir das vorstellen?

P. Hohler: Ein Schiff legt sich, wenn der Wind in die Segel fährt, ein bisschen auf die Seite. Es fängt an zu krängen. Wer zum ersten Mal mit dabei ist, der bekommt einen Schreck und denkt, jetzt kippt das Schiff um – tut es aber nicht. Diese erste innere Erfahrung, dieses „hoppla“, ich bekomme Angst, haben wir an anderen unbekannten Stellen im Leben auch. Über so eine Erfahrung, eine Wahrnehmung, die einen selber bewegt nachzudenken, kann man auf andere Momente im Leben übertragen. Und ich kann geistlich nachspüren, wie es mir in meiner Beziehung zum Leben und zu Gott geht. Wo gibt es da solche Schreckmomente. Was hält mich in so intuitiven Angstsituationen aufrecht?

Geht dies besser in Gemeinschaft oder allein?

Sr. Marie-Therese: Auf einem Schiff merkt man deutlich, wie sehr man aufeinander angewiesen ist. Jeder muss mit anpacken. Das Miteinander-Unterwegssein als Brüder und Schwestern, in der Gemeinschaft der Glaubenden, ist unglaublich hilfreich. Es braucht Weggefährten beim Segeln und eben auch auf dem geistlichen Weg.

Zwölf Personen werden mit euch segeln. Verstehen sich da alle untereinander?

Sr. Marie-Therese: Dieses Jahr müssen wir noch sehen, was passiert. Vergangenes Jahr hat alles wunderbar funktioniert. Wir haben mit allen Teilnehmerinnen vorab per Videokonferenz gesprochen, um uns ein Bild von den Teilnehmerinnen zu machen und zu testen, ob es passt oder nicht.

Es heißt, segeln ist anstrengend. Stimmt das?

P. Hohler: Segeln ist schon Sport. Das heißt: Ein bisschen körperliche Arbeit ist da mit dabei. Ein Segel zu setzen braucht Kraft. Aber wir verrichten jetzt nicht den ganzen Tag größte Schwerstarbeit. Dieses Jahr sind auch sehr viele Leute mit dabei, daher können wir uns in zwei Wachen aufteilen. Abwechselnd hat ein Teil der Gruppe „Freiwache“ – wie die Freizeit an Bord heißt –, der andere Teil steuert das Schiff.

Also kein Sonnenbaden an Deck?

P. Hohler: Es ist nicht wie bei einer Kreuzfahrt, wo es eine Crew gibt, die alle Passagiere bedient. Alle die mitfahren, gehören zur Crew und sind mitverantwortlich. Jeder muss das Schiff reinigen, die Segel setzen und das Schiff steuern. Es ist also ein Aktivurlaub.

Ist die Reiseroute schon fix?

P. Hohler: Eine genaue Vorhersage, wie unser Törnplan ist, können wir nicht machen. Das sollte man bei Segeltouren, wie wir sie machen, nicht tun. Wir geben ein Fahrtgebiet an und sagen, dass wir dort eine Woche lang unterwegs sind. Wir haben einige Zielhäfen, aber wir entscheiden je nach Wetterlage und wie es dem Schiff und der Crew geht.

Aber feste Ziele gibt es dennoch?

P. Hohler: Ziele sind auf jeden Fall die Westfriesischen Inseln vor den Niederlanden. Einige der fünf bewohnten Inseln hoffen wir zu erreichen: Texel, Ameland, Vlieland, Terschelling, Schiermonnikoog.

Aktuell überlagert die Corona Krise alles. Wie geht ihr damit um? Gibt es Vorgaben?

Sr. Marie-Therese: Die erste Herausforderung war, dass wir erst Ende Juli entscheiden konnten, ob wir überhaupt segeln können. Jede Teilnehmerin muss auch im Vorfeld eine Erklärung abgeben und bestätigen, dass sie 14 Tage vorher mit keinem Covid-19 Patienten Kontakt hatte, die üblichen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten hat und sie selber symptomfrei ist.

Wie sieht es an Bord aus?

P. Hohler: Es gelten die gleichen Regeln wie zum Beispiel bei den Zeltlagern des BDKJ. Wo möglich Abstand halten, erhöhte Desinfektion, Husten- und Niesetikette und natürlich auch der Mund-Nasenschutz, sobald wir von Bord gehen.

Ist Seekrankheit ein Thema?

M. Hohler: Als wir damals den Segelkurs gemacht haben, hat unser Segellehrer bei der Einweisung im Boot gesagt: Es gibt keine Stelle auf diesem Boot, wo sich noch keiner übergeben hat. Aber es ist tatsächlich nicht so schlimm und die Äußerung war wohl eher als Witz gemeint. Wir werden auf dem Ijsselmeer und der Wattensee unterwegs sein, dort hat es kaum hohe Wellen. Unser Boot ist sehr gemütlich und wird uns aller Voraussicht nach nicht allzu viel Seekrankheit bescheren.

Sr. Marie-Therese: Vergangenes Jahr hatten alle nach ein bis zwei Tagen die Seekrankheit überwunden.

P. Hohler: …und auch das gehört zum Leben: genau da, in Stress und Angst, merkt man besonders gut, was trägt: Gemeinschaft und Gottvertrauen.

Zu den Personen

Sr. Marie-Therese Bühler (36) hat in Tübingen und Rom studiert, bevor sie im Kloster Sießen Franziskanerin wurde. Als Pastoralreferentin leitet sie die Jugendkirche Joel in Ravensburg und ist in der Dekanatsjugendseelsorge tätig. An Bord verantwortet sie gemeinsam mit Peter Hohler das geistliche Programm.

Martin Hohler (22) studiert in Tübingen Psychologie. Nach dem Abitur hat er ein freiwilliges soziales Jahr mit den Salesianern, Republik Elfenbeinküste, Westafrika, verbracht und dort ein kleines Internat für Jungs betreut. An Bord ist er zuständig für die Schiffsführung, das Bordklima und die Achtsamkeitsschulung.

Peter Hohler (32) ist Priester der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Nach Studien in Tübingen, Jerusalem und Rom arbeitet er im Bischofssekretariat. An Bord trägt er Verantwortung für den richtigen Kurs und unterstützt Sr. Marie-Therese im geistlichen Programm.

Presse

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