Pfade der Stille
Wandern, Schauen, Nachdenken
Im Jagsttal gibt es viele beschauliche Ecken. Sie sind durch 16 Rundstrecken verbunden. Wer sich auf eine Tour mit Franz Jakob auf den Weg macht, erlebt nicht nur Landschaft und Natur.
Kapellen und andere Sehenswürdigkeiten
Gleich unser Startpunkt liegt an einer Sehenswürdigkeit: an der Annakapelle in Mulfingen. Im Jagsttal finden sich mehrere „urige Kapellen“ und andere sehenswerte Natur- und Baudenkmale. „Die Idee war, diese Kleinode zu verbinden“, sagt Franz Jakob. So sind auf seine Initiative hin die Pfade der Stille entstanden. Bei einer Wanderung auf einem Teilstück, einem etwa acht Kilometer langen Abschnitt zwischen Mulfingen und Zaisenhausen, zeigt Jakob, was es zu erleben gibt.
Der Weg führt zunächst über die Jagstbrücke und in den Ort Mulfingen. Grüne Tafeln mit dem Schriftzug „Pfade der Stille“ weisen den Weg. Die Rundstrecken sind jeweils nur in eine Richtung ausgeschildert, der Einfachheit halber, erklärt Jakob.
Große und kleine Rundtouren
An der St. Josefspflege vorbei geht es durch die Ortsmitte und dann hinauf an den Ortsrand, wo sich Schule und Sportgelände befinden. Der Parkplatz am Sportplatz dient zugleich als Einstiegspunkt für eine der Ergänzungstouren. Die Pfade der Stille umfassen 16 Strecken. Sie liegen in den Gemeinden Schöntal, Krautheim, Dörzbach, Mulfingen und Langenburg. Es gibt große Hauptrouten und kleinere Ergänzungsrouten. „Die Strecken sind zwischen drei und 28 Kilometern lang“, sagt Jakob. An den Startpunkten, wie am Sportplatz in Mulfingen, sind an den Schilderpfosten Kästchen angebracht mit Infos und Impulsen zur Strecke.
Der gewählte Abschnitt verläuft oberhalb des Stausees und des Roggelhäuser Bachs am Waldrand entlang. Im Jahr 2007 wurden die Pfade der Stille eröffnet. Sie kommen bei den Leuten sehr gut an, berichtet Jakob. Seine geführten Wanderungen sind gefragt. Seelsorgeeinheiten und Landfrauen-Gruppen zählt Jakob zu seinen Hauptgästen. Er hat immer Saison. Selbst im Januar bietet er Touren an.
Im schattigen Wald
Doch in diesem Jahr sind bisher alle seine geführten Wanderungen wegen Corona abgesagt worden – laut Jakob wären es 15 gewesen. Er hofft, dass sich im Herbst wieder Gruppen melden werden. „Ich lasse diese dann auch einmal eine halbe Stunde schweigend laufen. Das ist für viele ein Erlebnis“, sagt der 69-jährige Wanderführer.
Obwohl es erst Vormittag ist, treibt die Augustsonne die Temperaturen kräftig nach oben. Doch bevor es unangenehm wird, wechselt der Weg in den schattigen Wald. Dort bleibt Jakob plötzlich stehen. Denn einige Meter abseits des Weges fließt hinter kniehohem Uferbewuchs der Roggelhäuser Bach. Ein schmaler Steg quert den Lauf an einer Stelle. Er ist das Ziel.
Impuls am Bachsteg
Jakob lässt ein Blatt auflesen. In der Zwischenzeit baut er auf dem Steg einen kleinen, tragbaren Lautsprecher samt MP3-Player auf. Jakob erklärt: „Brücken symbolisieren auch immer Beziehungen zu anderen Menschen. Dabei gibt es auch Menschen, mit denen man nicht so einfach klarkommt. Das können die Wanderer mit dem Blatt dem Bach übergeben.“ Dann sind fünf Minuten zum Nachdenken angesagt, während Jakob Musik abspielt.
Wieder zurück auf dem Waldweg steigt die Strecke an. Jakob sucht einen trockenen Ast. Er symbolisiert das, was jemand mit sich herumschleppt, wenn er wortwörtlich nachtragend ist. Nach einigen Metern wirft Jakob den Stock weg. Auf den Wanderungen können Teilnehmerinnen und Teilnehmer es ihm gleichtun. Das sei für viele ein befreiendes Erlebnis, wie Jakob schildert. Solche und noch einige andere Impulse baut er auf seinen Touren ein. Die meisten sind seine eigenen Ideen.
Rast mit Aussicht
Die Landschaft öffnet sich wieder. Einer der Höhenzüge des Hohenloher Landes ist erreicht. In Ochsental weist die Ausschilderung Richtung Zaisenhausen. Dort wohnt Jakob. In seinem Heimatort war er Ortsvorsteher und lange Jahre Dirigent im Kirchenchor. Noch heute engagiert sich der pensionierte Elektrotechniker in der katholischen Kirchengemeinde.
„Wir sind in der nord-östlichsten Ecke des Hohenlohekreises“, sagt Jakob. In der Umgebung von Zaisenhausen stoßen die Landkreise Hohenlohe, Schwäbisch Hall und Main-Tauber aneinander. Oberhalb des Dorfes gibt es einen Aussichtspunkt mit einer Bank. In einigen Schritten Entfernung führt ein Meditationsweg durch ein Wäldchen hinab in den Ort.
Meditationsweg am Ortsrand
Entlang des Meditationswegs hat Jakob verschiedene Stationen aufgebaut: In einem hohlen Baumstamm hängt zum Beispiel eine alte Uhr. Sie zeigt fünf vor zwölf. „Was sagt uns das?“, fragt die Textstelle im Begleitflyer. An anderer Stelle steht eine Bank mit einer Tafel davor. Auf ihr sind verschiedene Impulse zu lesen. Wie: „Geh deinen Weg. Nur Mut. Es geht.“
Erholung an der Lourdesgrotte
In Zaisenhausen führt der Pfad der Stille zur Lourdesgrotte. Sie gehört zu einer der größten Anlagen dieser Art nicht nur in der Region. Die Grotte wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut und ist wie ein kleiner Park gestaltet. Nach mehr als zweieinhalb Stunden Wanderung vermitteln der schattige Ort und das Plätschern des Quellwassers eine angenehme Frische und eine tiefe Ruhe.
Anfahrt
Informationen zu den Pfaden der Stille gibt es im Internet. Dort finden sich Beschreibungen zu den einzelnen Strecken. Wer den beschriebenen Abschnitt nachlaufen möchte: Die Annakapelle in Mulfingen ist gut zu erreichen und per Navi zu finden. Sie liegt am Ortsrand von Mulfingen am Riedweg.
Einkehr und Übernachtung
In Zaisenhausen gibt es seit wenigen Jahren kein Gasthaus mehr. Dafür finden durstige Wanderer aber einen originellen Ersatz: Unter einem Unterstand, einem ehemaligen Milchhäuschen, in der Dorfmitte steht ein Getränke-Automat.
Wer noch mehr vom Jagsttal erkunden möchte, dem sei das Kloster Schöntal als Übernachtungsmöglichkeit empfohlen. Das Kloster Schöntal ist eines der Tagungshäuser der Diözese Rottenburg-Stuttgart.