Entdeckungsweg im Tal der Tränen

Auf den Spuren des "Salve Regina"

"Zu dir seufzen wir trauernd und weinend in diesem Tal der Tränen" - so rufen Katholiken weltweit am Ende des Abend- oder Nachtgebets Maria um Hilfe an. Dass sich das Tränental im Hymnus "Salve Regina" ganz in der Nähe des oberschwäbischen Bad Buchau befindet, ist den wenigsten bekannt. Ein neuer Entdeckungsweg führt dorthin.

Markus Waggershauser

Ein trauriger Ort für die Selige Adelindis

Wibke Polm hält ihr Handy an das Quadrat mit dem schwarz-weißen Erkennungsmuster an der Plankentalkapelle. Und schon liefert das Mobilgerät die Geschichte, weshalb Adelindis an dieser Stelle einen Vorgängerbau des heutigen Kirchleins errichten ließ. Die Buchauer Selige hatte hier um das Jahr 902 ihre drei Söhne bei einer Familienfehde verloren und erfuhr an diesem Ort in einer Vision vom Tod ihres Mannes im Kampf gegen die Hunnen. Für sie war der Ort ein Tal der Planken, die althochdeutsche Bezeichnung für Tränen.

Seit 13 Jahren wohnt Wibke Polm in Bad Buchau und wurde neu in den Kirchengemeinderat gewählt. In diesem Zusammenhang erfuhr sie von den mit QR-Codes ausgestatteten Entdeckungswegen. Nun machte sich die 48-Jährige mit August Sandmaier, dem gewählten Vorsitzenden des Gremiums und Mitinitiator des Projekts, erstmals auf den Weg. Nach gut einer halben Stunde erreichten sie auf der mit knapp vier Kilometer längsten Rundtour unter dem Titel "Salve Regina" die Plankentalkapelle.

Tränental als christliche Welterfahrung

Beim Betreten der Kapelle entdeckt Wibke Polm, die bei der technischen Hotline eines IT-Unternehmens arbeitet, auf dem Handy eine Audio-Datei und drückt auf Start. Gespannt lauscht sie der Männerschola, die das "Salve Regina" vorträgt. August Sandmaier bewegt zur Melodie seine Lippen. Er hat bei der Aufnahme mitgesungen. Hermann von Reichenau, dem der Hymnus zugeschrieben wird, kannte die Geschichte von Adelindis und erwähnte sie in seiner "Weltchronik", weiß der 49-Jährige. So übertrug der aus Altshausen stammende körperbehinderte Benediktinermönch - ein Genie des 11. Jahrhunderts - das Plankental auf das Tränental des Lebens allgemein.

Ob diejenigen, die am Ende des Zweiten Weltkriegs beim Einmarsch der Franzosen in den Kapellenturm flüchteten, das Salve Regina sangen, ist nicht überliefert. "Wie durch ein Wunder blieben die Menschen hier unversehrt, obwohl auch Artilleriegeschosse in die Kapelle und in den Turm einschlugen", erfährt Wibke Polm aus dem Text im Internet. Daraufhin malte der taube Künstler Paul Hirt den Innenraum mit Adelindis' Lebensgeschichte aus. Auf dem Handy findet Polm auch ein Gebet für schwere Zeiten heute.

Auch Einheimische entdecken unbekannte Details

Vor der Kapelle lassen die beiden Kirchengemeinderäte ihren Blick durch einen Holzrahmen in die Weite schweifen. "Dieses Fenster in die Landschaft fasziniert mich", ist Wibke Polm begeistert. Das Holz stammt vom Sägewerk, die Metallfüße vom Stahbauer und der Kran zum Aufstellen von jemandem aus der Gemeinde. "Das war alles um Gottes Lohn", freut sich August Sandmaier. Und der Bauhofleiter hat mit ihm nach Feierabend die Hinweisschilder angebracht.

Sandmaier war von Anfang an am Projekt "Entdeckungswege" beteiligt. Die Idee entstand vor zwei oder drei Jahren im Rahmen des diözesanen Prozesses "Kirche am Ort - Kirche an vielen Orten gestalten". Da viele Auswärtige als Kurgäste oder zu den Attraktionen am Federsee nach Bad Buchau kommen, wollte die Kirchengemeinde ihnen und den Einheimischen die Gebetsorte der Umgebung erschließen.

Am Ende des Salve-Regina-Rundwegs ist Wibke Polm voll des Lobes. Sie entdeckte Details, die normalerweise auch ein Buchauer nicht sieht, und fand alles gut erklärt. Mit der Firmgruppe, die sie leitet, möchte sie auf jeden Fall auch einen der Wege gehen. "Aber da werde ich jetzt wahrscheinlich einen anderen wählen, den ich noch nicht kenne", fügt sie lächelnd hinzu.

Entdeckungswege in Bad Buchau

Alle drei Wege starten und enden an der Wuhrkapelle. Erste Station der 3,9 Kilometer langen Salve-Regina-Route ist die Kirche in Kappel. Der Turm des romanischen Ursprungbaus und der Chorraum mit seinen alten Malereien sind noch erhalten. Nach einem Bildstock und Kreuzwegstationen führt der Weg dann nach der Plankentalkapelle an einem Aussichtsturm vorbei zum Ausgangspunkt zurück.
Der "Pilgerweg" mit 2,4 Kilometer Länge hat als einziges Ziel die Ruhe-Christi-Kapelle. Die Route "Glaubensspuren" (2,7 Kilometer) führt durch die Stadt und bindet auch andere Religionen und Konfessionen ein. Bad Buchau hatte früher eine sehr lebendige jüdische Gemeinde. Der Weg führt über den Synagogenplatz und das evangelische Gotteshaus zur Krypta der Kirche des ehemaligen Damenstifts, das vor 1250 Jahren gegründet wurde.
Pfarrer Martin Dörflinger und die anderen Initiatoren eröffneten die Entdeckungswege am 25. Juli mit einem Open-Air-Gottesdienst im Obstgarten bei der Plankentalkapelle.

Sämtliche Kirchen und Kapellen (außer Krypta Stiftskirche nur Samstag und Sonntag) sind bis Oktober täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet.

Webseite der Seelsorgeeinheit Federsee

Übernachtungsmöglichkeit

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