"Politik ist für mich nichts anderes als praktische Religion" – dieses Zitat stammt von Eugen Bolz. Der ehemalige Staatspräsident des Volksstaats Württemberg wurde am 23. Januar 1945 von den Nazis hingerichtet. Der gebürtige Rottenburger gilt bis heute als Vorbild eines christlichen Politikers. Denn Anfang der 1940er-Jahre schloss er sich dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus an. Das Theater Lindenhof erzählt in dem Theaterstück "Die ganze Hand" die Lebensgeschichte des Politikers. Das Schauspiel feierte am Donnerstagabend in der Festhalle Rottenburg Premiere.
Theatralische Spurensuche
"Die ganze Hand" wurde von Jeremias Heppeler geschrieben und setzt den Fokus insbesondere auf die politische Karriere von Eugen Bolz. Bei seiner Recherche ist der Autor auf zwei Fotografien des ehemaligen Staatspräsidenten gestoßen: die Verhaftung Bolz inmitten Tausender in der Stuttgarter Innenstadt und seine Verhandlung und Verurteilung zum Tode vor dem Volksgerichtshof 1944. Wie Jeremias Heppeler in einem Interview mit dem Theater Lindenhof verriet, hat er sich dazu entschieden, die Geschichte zwischen diesen beiden Bildern zu erzählen.
Das Theaterstück beginnt deshalb auch 1933, als Bolz in Schutzhaft genommen wird. Mithilfe von historischen Fotografien, Briefen und Dokumenten wird die Lebensgeschichte von Eugen Bolz wie eine Art „theatralische Spurensuche“ erzählt. Die Archivstücke werden auf eine große weiße Leinwand projiziert und erzeugen gemeinsam mit den Schauspielern und einer Live-Kamera ein Schattenspiel. So entsteht eine moderne Erzählung über Eugen Bolz, die ihn neben seiner Rolle als Politiker auch als Familienvater und verurteilten Gefangenen zeigt.
Beim Publikum in Rottenburg kam das Theaterstück gut an – nach der Aufführung gab es im Festsaal langanhaltenden Applaus für das Ensemble. Bei einem anschließenden Empfang hatten die Zuschauer außerdem die Möglichkeit, mit den Schauspielern sowie dem Regisseur und Autor des Stücks ins Gespräch zu kommen.