2002 hatten sich eine Hand voll engagierter Frauen einer Zukunftswerkstatt zum Ziel gesetzt, den Zugang zu Informationen und Hilfen für Menschen mit wenig oder gar keinen Deutschkenntnissen zu erleichtern. „Babylon – das Dolmetscherinnen-Projekt“ war geboren. Seitdem können die Beratungsstellen im Einzugsgebiet von Ravensburg auf Übersetzungshelferinnen und -helfer zurückgreifen. „Als ich nach Deutschland kam, hatte ich niemanden, dem ich mich anvertrauen konnte“, erinnert sich die aus Weißrussland stammende Galina Dörflinger, eine Übersetzerin der ersten Stunde. Als sie von dem Projekt gehört hatte, war es ihr ein großes Anliegen, mitzuhelfen, weil sie die Situationen der Frauen aus eigener Erfahrung nachempfinden konnte.
Der Name „Babylon“ geht auf die Turmbaugeschichte zu Babel im ersten Buch der Bibel zurück. Der Größenwahn der Menschen hatte zur Folge, dass sie sich plötzlich nicht mehr verstanden - eine symbolische Erklärung, weshalb es auf der Erde verschiedene Sprachen gibt. Für das Projekt in Oberschwaben bedeutet „Babylon“ aber mehr als nur übersetzen. „Dank euch muss keine Frau hoffnungslos und perspektivlos aus dem Beratungsgespräch gehen“, freut sich Elvira Birk vom Verein „Frauen und Kinder in Not e.V.“ und bedankt sich für das jahrelange Engagement. Neben verschiedenen Beratungsstellen der Caritas und Birks Verein greifen auch ProFamilia und die Diakonie in der Region auf die Übersetzungsdienste zurück.
Mehr Intimsphäre bei angstbesetzten Themen
Das Projekt „Babylon“ entstand aus der Idee, sich besser zu vernetzen. Damals, so berichtet Liv Pfluger, eine der Initiatorinnen, arbeiteten die verschiedenen Träger und Beratungsstellen im Landkreis Ravensburg alle für sich. Es ging darum, kostengünstig und professionell Unterstützungsleistungen anzubieten. Überdies sollten Familenangehörige wie Kinder und Partner, die bis dahin notgedrungen übersetzt hatten, entlastet und die Intimsphäre der Hilfesuchenden bei scham- oder angstbesetzten Themen besser geschützt werden.
Ulrike Schreiner-Luik vom Verein „Frauen helfen Frauen e.V.“, die heute als Ehrenamtskoordinatorin bei der Kinderstiftung Ravensburg arbeitet, erstellte die Konzeption für das Projekt Babylon, akquirierte die ersten Dolmetscherinnen und organisierte die Schulungen. Die Nothilfe der Schwäbischen Zeitung war bereit, die Aufwandsentschädigungen der Einsätze zu tragen. Die meisten Übersetzerinnen verfügen über keine professionelle Ausbildung, durchliefen jedoch mehrere vorbereitende Schulungen. Anfangs waren es noch 15, inzwischen fasst der Pool 40 Dolmetscherinnen und einen Dolmetscher, welche von Albanisch bis Ukrainisch 25 Sprachen abdecken.