Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt beim Gottesdienst des Mini-Kongresses 2002

Wernau

Schrifttext: 1 Petr 4,10f; Mt 25,14.15.19-21

Liebe Ministrantinnen und Ministranten, liebe Schwestern und Brüder,

Was tätet ihr mit einer Million? Stellt euch vor, eine bekannte Persönlichkeit würde euch zu sich rufen lassen. Ihr kommt hin und es würde euch eröffnet: ‚Ich habe momentan dringende Geschäfte, mein Konzern ist ohnehin schon so groß, dass ich mich nicht um alles kümmern kann.

Da haben Sie eine Million Euro. Machen Sie das Beste daraus!’ Eine Million - was würdet ihr tun? Aktien kaufen? In eine aufstrebende Firma investieren, Immobilien, Anleihen, Fonds, Versicherungen - Möglichkeiten gäbe es in Hülle und Fülle. Allerdings - das Risiko ist ja nicht ohne: Inflation, Konjunktur, Währungsschwankungen, Börsencrash, Anlagebetrug, und und und. Ihr würdet auf einmal feststellen: Da kommt ja eine Fülle von Entscheidungen auf mich zu, da tauchen ja Probleme und Sorgen auf, von denen ich vorher gar keine Ahnung hatte. Und nicht zuletzt ist da der Erwartungsdruck, etwas Ordentliches damit anzufangen, dem Auftrag Genüge zu tun, der Ihnen da so unerwartet gestellt wurde. In Mt 25 haben wir so eine Geschichte von Leuten gehört, die unverhofft zu viel Talenten kamen und die vor genau diesem Problem standen.

Wir finden viele solche Gleichnisse in den Evangelien, weil Jesus diese Form gerne nutzte, um entscheidende Wahrheiten an seine Zuhörer weiterzugehen. Das war zum einen damals nicht unüblich und zum anderen war es einprägsam und ging den Zuhörern unter die Haut. Wenn aber Jesus nun diese Form benutzt, steckt bei ihm mehr dahinter als bei seinen Zeitgenossen, die zumeist Weisheiten oder moralische Aspekte weitergeben wollten. Wenn Jesus ein Gleichnis erzählt, dann spricht er von den Dingen, die ihm am nächsten sind. In seinen Gleichnissen geht es immer um Gott und Mensch sowie um das Gottesreich. Es ist wirksam wie ein Senfkorn oder ein Sauerteig, es ist kostbar wie ein Schatz, den ich bei der Schatzsuche freilege, oder wie eine Perle, die man am Flohmarkt findet. Das wollte Jesus seinen Zuhörern verständlich machen und einprägen. In diesem Zusammenhang steht unser Gleichnis.

Jesus spricht mehrere Male in verschiedenen Bildern darüber, dass nach seinem Tod die Jünger stellvertretend für ihn tätig sein würden. Gleichzeitig kündigt er seine Wiederkunft an, die sehr überraschend sein wird, und fordert seine Jünger auf, wachsam und vorbereitet zu sein. Mit dem Motto des heutigen Tages könnte man sagen: Es geht darum, neue Schritte zu wagen, um fit für die Zukunft zu werden. Damit sind wir beim ersten wichtigen Teil der Aussage dieses Gleichnisses: Du hast einen Auftrag. Im Gleichnis beauftragt der Mann seine Verwalter, eine Zeit lang mit seinem Vermögen zu arbeiten. Versuchen wir diesen Auftrag zu übersetzen: Eine sehr einfache, aber zugleich konkrete Ausformulierung dessen, was der Auftrag inhaltlich bedeutet, haben wir in der heutigen Schriftlesung aus dem Petrusbrief gehört: ‚Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.’(1 Petr 4,10) Dient einander als Maxime und Grundregel christlichen Handelns. Aber wichtig an dem Satz ist es, dass Gott nicht nur den Auftrag gibt, nein, er gibt auch das nötige Kapital dazu: ’Jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.’

Im Gleichnis lesen wir dann weiter, wie der Mann seinen Verwaltern Goldstücke gibt, um damit zu arbeiten. Gott gibt seinen Mitarbeitern Kapital. Mit Talent ist all das gemeint, was wir von Gott an Gaben geschenkt bekommen haben. Da kommt schon allerhand zusammen: Besitz, Familie, Gesundheit, Intelligenz, Ausbildung, Beruf, sozialer und politischer Friede. Ich hoffe, ihr stimmt mir zu, dass es den meisten von uns in dieser Hinsicht nicht schlecht geht. Wir haben aber noch viel mehr erhalten, denn hier geht es um die Geistesgaben, die jeder Mensch besitzt. Geistliche Gaben sind von Gott geschenkte Begabungen. Es sind Fähigkeiten, die Gott uns gegeben hat, damit wir unseren persönlichen Beitrag leisten können.

Gott gibt also nicht nur den Auftrag, sondern auch das nötige Kapital dazu. Auftrag und Kapital hängen untrennbar zusammen. Die Verwalter werden beauftragt, mit dem Vermögen des Besitzers zu arbeiten. Die Gabe wird zur Aufgabe und offensichtlich waren die drei auch nicht ganz unbegabt. Allerdings teilte er sein Vermögen (und damit die Aufgabe) nicht gleichmäßig auf, vielmehr bedachte er ‚jeden nach seinen Fähigkeiten’. Ist das nicht ungerecht? Einer erhält fünfmal soviel, wie der andere? Ich weiß nicht, wie es den Männern ging, als sie ihren Anteil in Empfang nahmen. Vielleicht waren sie froh, überhaupt etwas bekommen zu haben. Vielleicht empfand wirklich einer die Reihung als grob ungerecht, darüber gibt die Geschichte hier keine Auskunft.

Wie geht es uns mit unserem jeweiligen Anteil? Sind wir mit unserem Talent zufrieden und Gott dafür dankbar, oder sehen wir nur, was wir nicht haben? Gott verlangt nicht von jedem dasselbe und vor allem: er verlangt nichts, was über unsere Fähigkeiten hinaus geht. Wissen, was unsere Gaben sind, ist das eine. Letztlich kommt es aber darauf an, wie wir damit umgehen, und was wir daraus machen. Der Einsatz zählt. Damit bin ich beim zweiten Punkt angelangt. Gott erwartet unser konkretes Handeln.

Was tun die Drei? Die beiden ersten Verwalter haben eine recht reife Leistung hingelegt und ihr Vermögen verdoppelt. Wie sie das taten, ist nicht Gegenstand des Gleichnisses. Entscheidend ist, dass sie etwas taten und ihr Kapital einsetzten: Sie haben neue Schritte gewagt. Die beiden ersten Verwalter haben ihren Auftrag ernst genommen und danach gehandelt. Sie haben ihre Fähigkeiten (Talente) eingesetzt. Was tat der dritte Verwalter? Im wesentlichen gar nichts. Er geht auf Nummer sicher und versteckt das Geld an einem sicheren Ort, weil er nichts riskieren will. Er hat nichts entwendet oder veruntreut. Der Verwalter war korrekt und zweigte kein Scherflein von dem Geld für sich ab. Aber er tat auch nichts damit, und das ist das Problem. Er tat gar nichts und er führte damit seinen Auftrag nicht aus.

Das Gleichnis ist an dieser Stelle aber nicht zu Ende. Der Herr kommt zurück und fordert Rechenschaft. Einer nach dem anderen wird hereingerufen und muss Bericht erstatten. Hier lohnt es sich, genau in den Text schauen. Wofür werden sie gelobt? "Du bist ein tüchtiger und treuer Diener." sagt der Herr zu beiden. ’Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen.’ Nicht die Höhe des Gewinns zählt, die Treue ist entscheidend.

Das soll der letzte Punkt sein: ’Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen: "Ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn." Das Tagesmotto ‚Fit für die Zukunft – Neue Schritte wagen’ wird durch das heutige Evangelium auf Gott hin interpretiert. Denn es ist seine Zukunft, zu der wir gerufen sind. Jeder von euch hat viele solcher Talente. Wir sind eingeladen, mit unseren Talenten neue Schritte zu wagen, um teilzunehmen an der Freude unseres Herrn.

Amen.

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