Bischof Dr. Gebhard Fürst: Predigt beim Priestertag 2008

Rottenburg, Dom St. Martin

Schrifttext: Apg 22,1-16; Mk 16,15-18

Liebe Mitbrüder, liebe Schwestern und Brüder,

„Ich hoffe nämlich, euch auf der Durchreise zu sehen und von euch das Geleit zur Weiterreise dorthin zu erhalten, nachdem ich mich zunächst ein wenig bei euch erquickt habe.“ (Röm 15,32)

Mit diesem Satz aus seinem Brief an die Römer wird uns in besonderer Weise die tiefe Menschenfreundlichkeit und Humanität des Paulus vor Augen gestellt. Und in gewisser Weise scheint mit dieser Satz auch sehr treffend für unseren heutigen Tag zu passen. Denn auch wir haben hier gemeinsam einige schöne gemeinsame Stunden verbringen können. Wir haben gemeinsam eine Zeit der Ruhe erfahren, in der wir aufatmen konnten. Zugleich konnten wir uns in der Ruhe aber auch besinnen, auf uns, unseren Dienst und auch auf die Situation unserer Ortskirche.

Die Dynamik der gegenwärtigen Entwicklung habe ich immer wieder mit einem Satz beschrieben: „Wir sind unterwegs von der Volkskirche zur missionarischen Kirche im Volk“. Zuletzt habe ich dies ausführlich in meinem diesjährigen Fastenhirtenbrief aus-geführt. Ich möchte hier nochmals einige Gedanken daraus ausführen:

Als Kirche sind wir auf dem Weg: Schon die ersten Christen sahen sich als Kirche unterwegs. Sie wurden „Anhänger des neuen Weges“ (Apg 9,2) genannt. Sie gingen dabei nicht irgendwie los, sondern sie wussten: ‚Wir haben eine Wegbeschreibung: Es ist der Weg Jesu selbst!’ Auf seinen Weg haben sie sich begeben. Jesus Christus sagte von sich selbst: „Ich bin der Weg!“ (Joh 14,6) Der Weg Jesu Christi ist der ‚neue Weg’, den Christen gehen. Auch heute.

Liebe Schwestern und Brüder, unsere Kirche lebt aus einer elementaren Christuszentrierung. Wohl bei kaum einem anderen ließe sich diese Grundlage unseres Glaubens besser sehen und lernen als beim Christozentriker Paulus. Für ihn war Jesus Christus in radikaler Weise der Weg und das Leben. Auf Paulus trifft es vollkommen zu, was der Petrusbrief schreibt: „Christus hat euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt.“ (1 Petr 2,21) Jünger sein heißt, den Spuren Jesu folgen.

Diese Spuren geben auch unserer Kirche heute deutlich ihre Richtung vor: In der Spur Jesu haben daher die Verlorenen unserer Zeit in der Kirche ihren besonderen Platz: die materiell Armen ebenso wie die seelisch Obdachlosen, die, die in der Gesellschaft zurückbleiben oder aus ihr herausfallen ebenso wie die, die in Einsamkeit und Anonymität leben. Kirche auf dem Weg ist immer auch karitative, diakonische Kirche.

Zum Wegprofil gehört weiter, dass Christen auf dem Weg realistisch genug sind, um zu wissen, dass sie das Ziel, die völlige Verwirklichung des Weges Jesu Christi, nie ganz erreichen können, sondern stets Pilger bleiben werden. Die Gemeinschaft der Glaubenden hat sich von Anfang an als pilgernde Kirche erfahren.

Ein entscheidendes Kennzeichen ist schließlich die Zentrierung des pilgernden Gottesvolkes auf die Feier der Eucharistie. Die pilgernde Kirche wird stets als eucharistische, österliche Kirche verstanden. In der Feier der Eucharistie vergegenwärtigt sich für uns die liebende Zuwendung Gottes in Jesus Christus. Hier erfahren wir die auf Jesus Christus ausgerichtete Weise, miteinander unterwegs zu sein. Die Christenheit, der einzelne Christ, alle ‚leben aus der Kraft der Auferstehung’ (vgl. 2 Kor 13,4), wie es der Apostel Paulus auf den Punkt bringt.

Diese Weise des Glaubens und Lebens wurde so schon von den ersten Christen gestaltet. Die Apostelgeschichte beschreibt das: „Alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzens.“ (Apg 2,44f) Die gemeinsame Eucharistiefeier war die Mitte des Gemeindelebens. Darum ist, wie das Konzil schreibt, auch heute die Feier der Eucharistie „Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ (LG 11).

Der „neue Weg“ erhält hierher seine Formung. Aus dieser Mitte leben Christen miteinander unterwegs im Wandel der Zeit. Die gemeinsame Feier der Eucharistie gibt unserem Weg Kraft, Kennzeichen und Kontur. Sie weist uns ein in den Weg Jesu Christi mit und zu den Menschen.

Amen.

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