Bischof Dr. Gebhard Fürst: Wort zum Sonntag in SWR 2 2003

ARD

Der Krieg im Irak befindet sich bereits in seiner dritten Woche und noch ist nicht abzusehen, wie lange er wohl noch dauern wird. Allmählich scheint er zur Routine zu werden, die Bilder, die uns zu Beginn noch erschütterten, drohen im Nachrichtenalltag eingeebnet zu werden, die Sondersendungen stören den gewöhnlichen Programmbetrieb nur noch unerheblich. Dabei darf aus Sicht der Christen kein Tag Krieg sein, an dem wir nicht unsere Stimme dagegen erheben.

Zurecht hatten sich die Kirchen schon frühzeitig, eindeutig und in ökumenischer Geschlossenheit gegen diesen Krieg ausgesprochen und darauf hingewiesen, dass er dem Völkerrecht zuwider läuft.

Daneben jedoch hatten die katholischen und evangelischen Bischöfe Baden-Württembergs etwas beobachtet, dass ich heute Morgen nochmals aufgreifen möchte. In einer Erklärung am Tag des Kriegsausbruchs schreiben wir unter anderem: ‚Als Kirchen erheben wir Einspruch und Protest dagegen, dass mit religiöser Sprache und einem entsprechenden ‚Sendungsbewusstsein’ kriegerische Handlungen legitimiert werden sollen.’

Ausgehend vom konkret vorliegenden Beispiel liegt hinter diesem Protest aber auch eine kritische Rückfrage an uns Christen selbst: Wie kann es geschehen, dass Menschen gerade mit religiöser Begründung ihre kriegerischen Handlungen rechtfertigen wollen? Ist es uns in der Vergangenheit nicht ausreichend gelungen, die Botschaft in unsere Zeit hinein zu sagen, den Menschen unserer Zeit ausreichend deutlich zu vermitteln, was der Kern des Evangeliums ist? Haben wir Kirchen nicht klar genug den Frieden als eine Grundhaltung des christlichen Glaubens verkündet?

Es ist wahr: Ein selbstkritischer Blick auf die Geschichte zeigt, dass es immer wieder Beispiele gab, wo Menschen mit religiösem Fanatismus loszogen, um andere mit Gewalt zu missionieren und zu überwältigen. Aber nicht zuletzt die eigene Geschichte und bittere Erfahrungen brachten die Kirchen dazu, sich darauf zu besinnen, was der Kern ihrer Botschaft ist und dass religiöse Überzeugungen keine simplen Rezepte und Handlungsanweisungen liefern.

Dies führt aber keineswegs dazu, dass sich Christen und Kirche völlig aus der Welt heraushalten sollen. Sie können und müssen im Gegenteil mit prophetischer Wachsamkeit ihre Stimme erheben, wenn versucht wird, gewalttätigen Handlungen einen religiösen Mantel umzuhängen. Dann melden sich Christen zu Wort und signalisieren, dass kriegerische Handlungen mit der biblisch-christlichen Botschaft nicht zusammenpassen: „Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne (und Töchter) Gottes genannt werden“, heißt es in der Bergpredigt.

Jesus lebt uns beispielhaft seine Entfeindungsliebe vor und ruft uns in seine Nachfolge: Dem Anderen sollen wir so begegnen, dass aus Fremden, ja aus Feinden Mitmenschen werden.

Nehmen wir diese Herausforderung radikal ernst? Das mag naiv oder politisch unklug sein, aber das ist für Christen nicht der Maßstab, an dem wir uns ausrichten sollen:

Nein, radikale Nächsten- und Fernsten-, Bekannten- wie Fremdenliebe verlangt uns ab, Maß zu nehmen an der Liebe, die Jesus aus Nazareth uns vorgelebt hat. Maß zu nehmen an einer stellvertretenden Liebe, die bereit ist, bis ins Letzte zu gehen. Dass dies im politischen Handeln nicht immer leicht ist und seinerseits nicht erneut zu starrem Fundamentalismus führen darf, weiß ich wohl.

Ein Krieg aber kann bestenfalls zum Kriegsende führen, nicht aber zur Grundlage eines dauerhaften Friedens werden, denn er bereitet nur die Saat für neuen Unfrieden und Hass. Aus der Mitte unseres Glaubens müssen wir sagen, dass die Kirchen daher auf Seiten derer stehen, die Frieden stiften und dies voll Ausdauer und Kreativität immer wieder neu versuchen.

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