Der renommierte Moraltheologe Alfons Auer gilt als Erfinder der „Autonomen Moral“, einer Moral, die aufgrund von wissenschaftlicher Analyse der Umstände zum guten Handeln führen soll.
1915 in Schönebürg bei Schwendi geboren wurde er 1939 zum Priester geweiht und war Gründungsdirektor der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Ab 1955 war er Professor für Moraltheologie, zuerst in Würzburg, dann in Tübingen. Dort lernte er Josef Ratzinger und Hans Küng kennen.
An der Enzyklika „Humanae Vitae“ von 1968, bei der es um die Frage der Verhütung ging, entzündete sich innerkirchlich ein Streit um die Autorität des Lehramts. In seiner Schrift „Autonome Moral und christlicher Glaube“ betonte Auer 1971 die Notwendigkeit, sittlich gutes Handeln vernünftig zu begründen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse und nicht allein die kirchliche Lehre sollten als Grundlage dienen. Mit seinen Tübinger Professorenkollegen suchte er damit den Anschluss an die neuzeitliche Vernunft- und Freiheitsgeschichte.
In der Folge wurde diese Freiheitsbewegung in der Kirche durch Papst Johannes Paul II und Joseph Ratzinger als Leiter der Glaubenskongregation stark gebremst, was 220 TheologieprofessorInnen 1989 dazu bewog, in ihrer Kölner Erklärung die Ausdehnung der lehramtlichen, kirchlichen Äußerungen auf Bereiche zu kritisieren, für die – im Sinne der Autonomen Moral Alfons Auers – das Gewissen zuständig sei. Einer der Professoren war Alfons Auer.
Viele der heute strittigen Themen der katholischen Kirche sind aufgrund der seit einem halben Jahrhundert unveränderten kirchlichen Lehre nicht gelöst. Gerade in Fragen der Sexualmoral beansprucht die Kirche lehramtliche Kompetenz und tut sich schwer mit einer vernünftigen Weiterentwicklung der Moral.
Es ist das Verdienst Alfons Auers, einem vorurteilsfreien Denken auch in der Kirche den Weg bereitet zu haben. Das bessere Argument gilt heute allgemein als das entscheidende Kriterium für das richtige Handeln, auch für die allermeisten Glaubenden in der katholischen Kirche.
Alfons Auer hat dafür die theoretische Grundlage geschaffen. Er starb im Jahr 2005.
Preisträgerin des Alfons-Auer-Ethik-Preises ist in diesem Jahr die ehemalige irische Präsidentin Prof. Dr. Mary McAlees. Sie erhält den Preis am Mittwoch, 30. Oktober, um 18.30 Uhr im Hörsaal des Theologicums (Liebermeisterstraße 12). Der Festakt ist öffentlich. Die Laudatio hält Professorin Hille Haker von der Loyola University Chicago (USA).