Die Entscheidung über die Preisträger des 34. Caritas-Journalistenpreises ist gefallen: Den mit 3.000 Euro dotierten ersten Preis erhält Marina Klimchuk für ihre Reportage „Ein Land, zwei Welten“, die in der Badischen Zeitung erschienen ist. Die beiden zweiten Preise mit jeweils 1.500 Euro gehen an Jonas Weyrosta für seine im Deutschlandfunk Kultur gesendete Radio-Reportage „Meine Mutter, die Dorfkrankenschwester“ sowie an das Autorenduo Uwe Kassai und Susanne Böhm für den Film „Machen statt warten – Menschen von der Straße helfen sich selbst“, der im TV-Sender Das Erste ausgestrahlt wurde. Eine „Lobende Erwähnung“ bekommt die Journalistin Daniela Biehl für ihren Beitrag „Soziale Ungleichheit hat viele Gesichter“, der im Südkurier veröffentlicht wurde.
Gegenseitiges Verstehen und Verständigung
In ihrer Reportage „Ein Land, zwei Welten“ erzählt Marina Klimchuk von zwei Frauen aus der Ukraine, die im selben Bus nach Deutschland fliehen. Sie freunden sich hier an, bis sie merken, wie unterschiedlich sie ihre Heimat sehen. Mit der feinfühlig und behutsam erzählten Geschichte beleuchtet die Autorin einen Aspekt, der in der medialen Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen kaum wahrgenommen wird. Sie stellt das vom Krieg heimgesuchte Land in einer bisher nicht bekannten Tiefe vor. Ein Land, das gespalten ist und dessen innere Zerrissenheit auch ins Fluchtland getragen wird. Damit wirft der Beitrag implizit die Frage auf, wie damit umgegangen wird, wenn die Waffen eines Tages schweigen. Dabei polarisiert er nicht, sondern eröffnet nach Überzeugung der Jury vielmehr Horizonte für ein gegenseitiges Verstehen und zur Verständigung.
Auf emotionaler Tour mit einer Dorfkrankenschwester
Der Radiobeitrag „Meine Mutter, die Dorfkrankenschwester“ schildert den Alltag einer Gemeindekrankenschwester, die seit mehr als 30 Jahren alte und kranke Menschen zuhause in der Region Hohenlohe pflegt. Sie liebt und lebt ihren Job, auch wenn sie ständig gegen den Zeitdruck ankämpfen muss. Was das mit ihr macht, erzählt eindrücklich ihr Sohn Jonas Weyrosta, der seine Mutter einen Arbeitstag lang mit dem Aufnahmegerät begleitet hat. Enorm einfühlsam gegenüber seiner Mutter wie auch gegenüber ihren Patienten und Patientinnen, wirft der Reporter Weyrosta mit seinem Hörstück ein überraschend neues Schlaglicht auf ein altbekanntes Thema. Mit seiner überzeugenden Herangehensweise schafft er es, die Radiohörer gleichsam auf die Tour mitzunehmen und sie emotional an den beglückenden, aber auch belastenden Erfahrungen seiner Mutter, der Dorfkrankenschwester, teilnehmen zu lassen.
Die Solidarität in der Not sichtbar gemacht
In ihrem Film „Machen statt warten – Menschen von der Straße helfen sich selbst“ schildern Uwe Kassai und Susanne Böhm imponierend, wie obdachlose Menschen in Stuttgart und Köln ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen, wenn Gesellschaft und Soziale Arbeit versagen. Mit welcher Energie, mit welchem Einsatz und auch mit welchem Erfolg sie das rund um „Harrys Bude“ und den „Paule Club“ in Stuttgart oder mit dem Projekt OmZ (Obdachlose mit Zukunft) in Köln tun, das erzählen die beiden Filmemacher sehr lebendig und anschaulich. Auf Augenhöhe mit ihren Protagonistinnen und Protagonisten erleben die Zuschauer unaufdringlich und zugleich sehr ansprechend quasi mit, wie Menschen am Rande der Gesellschaft Selbstwirksamkeit entfalten und erfahren. Und wie sie damit der Gesellschaft berührend und sympathisch zeigen: Es gibt eine beeindruckende Solidarität in der Not.
Mit ihrem Beitrag „Soziale Ungleichheit hat viele Gesichter“ schafft es Daniela Biehl auf originelle Weise, das politische Schlagwort von der sozialen Gerechtigkeit sehr konkret werden zu lassen. Zum internationalen Tag der sozialen Gerechtigkeit hat sie viele Menschen zu Wort kommen lassen, die ihre teilweise sehr unterschiedliche Sicht der Dinge dazu sehr authentisch zu Protokoll geben. Mit dieser tollen Idee, so die Jury, gelingt es der Journalistin deutlich zu machen: Ob es Armut, Inklusion, Bildungsgerechtigkeit, die Rente, um Steuern, den Mindestlohn, an den angespannten Wohnungsmarkt oder die Klimapolitik geht – direkt oder indirekt sind das alles Fragen von Ungleichheit und Gerechtigkeit.