Personal

Seelsorgerin geht in Ruhestand

Maria Riedl (li.) wurde von Dekan Alexander König (re.) mit einem Blumenstrauß verabschiedet. Bild: Dekanat Ludwigsburg

Maria Riedl hat als Integrationsbeauftragte des Katholischen Dekanats Ludwigsburg viel auf den Weg gebracht.

Man geht niemals so ganz – aber doch schließt sich zum 1. April 2022 für Maria Riedl, Seelsorgerin für Menschen mit Behinderung im Dekanat Ludwigsburg eine Türe. Anfang April verabschiedet sie sich aus der Arbeit im Katholischen Dekanat Ludwigsburg in den Ruhestand. Damit blickt sie auf acht Jahre Inklusionsarbeit zurück. Seit September 2014 kümmerte sich die Gemeindereferentin in der Kategorialstelle "Seelsorge bei Menschen mit Behinderung" der Diözese Rottenburg-Stuttgart für das Dekanat Ludwigsburg um Integration und Inklusion aller Menschen in den Kirchengemeinden und Seelsorgeeinheiten. Ihre Zeit in dieser Position nutzte sie, um ein großes Netzwerk aufzubauen und viele Projekte ins Leben zu rufen.

Für Maria Riedl ermöglichte erst ihr zweiter Beruf die Türöffnung für diesen Job. Die ursprünglich gelernte kaufmännische Angestellte orientierte sich nach der Familienphase noch einmal neu. Über einen Fernkurs in Würzburg schloss sie das Studium der Religionspädagogik ab und absolvierte anschließend ihre pastorale Ausbildung in Rottenburg. Die dann anknüpfende dreijährige Assistenzzeit führte sie in die Seelsorgeeinheit Strohgäu, in der sie zwölf Jahre mir Pfarrer Merkelbach, dem heutigen Diözesancaritasdirektor, arbeitete. 2014 wechselte sie in ihre heutige Stelle, in die Seelsorge bei Menschen mit Behinderung. Religionsunterricht und Schulpastoral, Organisation von Ferienfreizeiten oder die Einbindung der Menschen mit Behinderung in musikalische Projekte: Ihr Engagement ließ die Arbeit zur Berufung werden.

Ob der nun anstehende Ruhestand ein solcher wird, bleibt dahingestellt. Zu sehr ist Riedl mit den Themen der Integration und der Inklusion aller Menschen in unserer Gesellschaft verwurzelt. „Das gibt man nicht einfach mit dem Schlüssel ab. Ich bleibe aktiv“, und dem Nachdruck ihrer Stimme ist herauszuhören, dass sie das genau so meint. Das bedeutet konkret, dass sie weiterhin als Notfallseelsorgerin nun als Ehrenamtliche ihren Aufgaben nachgeht. Ebenfalls ehrenamtlich begleitet sie als Vorsitzende des von ihr mitgegründeten Harfenspiel-Vereins `Veeh-Harfen-Ensemble´. „Dieser ist nun super aufgestellt mit momentan 15 Veeh-Harfen-Spielerinnen und -spieler der Schule am Favoritenpark und fünf Harkenhafenspielerinnen aus der Gemeinschaftsschule.“ Die Auftritte für das Jahr 2021 mussten pandemiebedingt fast alle ausfallen, doch für 2022 ist einiges in Planung. Die Unterrichtseinheiten mit den Schülern laufen regelmäßig.

Dekan Alexander König dankte Maria Riedl bei der Verabschiedung am 11. März im Haus Edith Stein in Ludwigsburg für ihr vielfältiges Wirken und das Voranbringen der Teilhabe an Kirche für alle Menschen. Gleichzeitig bekräftigte er, dass er auf eine gute Weiterführung der Stelle hoffe. Die Stellenbesetzung läuft aktuell.

Interview: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“

Motto für gelingende Inklusionsarbeit im Katholischen Dekanat Ludwigsburg

Frau Riedl, von 2014 bis 2022 waren Sie als Seelsorgerin für Menschen mit Behinderung im Katholischen Dekanat Ludwigsburg zuständig. Was war Ihr großes Anliegen in den acht Jahren?

Maria Riedl: Es geht um die Wertschätzung der Vielfalt in unserer Gesellschaft und der Kirche. Vor allem wollte ich Barrieren abbauen. Ganz pragmatisch in den Gebäuden, viel wichtiger aber in den Köpfen. Durch eine lebhafte und wunderbar gelingende Vernetzungsarbeit mit dem Netzwerk Inklusion Ludwigsburg habe ich viele ermutigende Momente erlebt. Mein größtes Anliegen würde ich daher so beschreiben: Ich möchte Menschen mit Behinderung ein Gesicht geben und die vielen Möglichkeiten und Projekte den Menschen im Landkreis bekannt machen.

Warum braucht Kirche eine spezielle Stelle für `Menschen mit Behinderung´? Sollte eine Teilhabe und damit Inklusion nicht selbstverständlich sein?

Maria Riedl: Zur zweiten Frage: Es wäre wunderbar, wenn dieses Verständnis in der Kirche und in der Gesellschaft vorhanden wäre. Doch leider ist das „noch“ nicht so und deshalb braucht es diese Stelle in einem so großen Dekanat. Die Grundanliegen dieser Stellen in der katholischen Kirche in Rottenburg-Stuttgart sind: miteinander Wege gehen, also Menschen mit Behinderung und deren Angehörige zu begleiten und unsere Gemeinden zu ermutigen, dass jede und jeder willkommen ist. Hierzu hat mich ein Schulleiter sehr inspiriert, der einen körperlich stark eingeschränkten jungen Mann fragte: Was brauchst du, damit du gut bei uns an der Schule zum Unterricht kommen kannst? So sollten Gesellschaft und Kirche fragen und entsprechend handeln.

Gibt es ein Projekt, das gut in die Umsetzung gekommen ist – und Sie froh sind, einen Schritt in die Inklusionsrichtung geschafft zu haben?

Maria Riedl: Es gibt einige. Hervorzuheben ist sicherlich die Tatsache, dass heute via drs.de über den Diözesanatlas der Diözese Rottenburg-Stuttgart Menschen im Landkreis Ludwigsburg prüfen können, ob und welche Einrichtung eine inklusive Umgebung und Möglichkeiten anbieten. Und ich konnte dafür sensibilisieren, bei Umbaumaßnahmen das Thema der Inklusion präsent zu haben.

Noch mehr freut es mich, dass wir nun ein HarVeeh-Ensemble haben, einen Verein, mit Schülerinnen und Schülern von der SBBZ Schule für geistige Förderung am Favoritpark und der Gemeinschaftsschule Innenstadt, beide in Ludwigsburg. Die Teilnehmenden der Favorit-Schule spielen die Veeh-Harfe und die der Gemeinschaftsschule spielen die Harkenharfe.

Sie sprachen übergreifende Netzwerk-Projekte an. Was waren Beispiele dafür?

Maria Riedl: Das Netzwerk Inklusion in Ludwigsburg, zu dem ich mit meinem Start dazugekommen bin haben so einiges bewegt und veranstaltet. Hier gehören dazu, der Tag der Inklusion im Jahr 2016, dann folgten die `lange Nacht der Inklusion´ im Jahr 2017, dann 2020 als Online-Veranstaltung und 2021 als Hybrid-Veranstaltung immer in Kooperation mit Scala Ludwigsburg. Im Jahr 2018 organisierte ich mit der Kreisdiakonie und dem Scala einen Filmabend mit Podiumsgespräch rund um das Thema: „Kinderwunsch.Wunschkind.Unser Kind!“. Ein wichtiges Thema rund um die Pränataldiagnostik.

Viele Menschen und viele Themen haben Sie durch die Zeit begleitet. Wie hat sich die Gesellschaft und wie hat sich Kirche in dieser Zeit weiterentwickelt?

Maria Riedl: Als ich 2014 begann, war schon einiges im Lot. Ich konnte anknüpfen an dem was es im Dekanat Ludwigsburg an Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen gab. Doch mit Corona veränderte sich Gesellschaft und damit auch Kirche. Viele Bereiche könnte ich da nennen, doch nur eines, für Familien mit behinderten Kindern war und ist es immer noch eine schwierige und herausfordernde Zeit. Doch ich sehe auch gute und positive Entwicklungsschritte. Obwohl wir viel Abstand zueinander halten mussten, gab es schöne Berührungspunkte im Umgang miteinander. Der Missbrauch in Kirche und Gesellschaft ist unerträglich und macht mich wütend, vor allem weil Verantwortliche oftmals so unverantwortlich gehandelt haben. Menschen in vielen Lebenssituationen habe ihr Vertrauen zur Kirche verloren. Für mich heißt es, ich will dranbleiben, auch im Ruhestand, mit den Menschen ins Gespräch kommen und Ihnen nahe sein.

Wie geht es für Sie im Ruhestand weiter?

Maria Riedl: Das Thema Inklusion wird mich sicherlich weiter an der ein oder anderen Stelle begleiten. Ich freue mich, dass ich an manchen Stellen dieses wichtige Anliegen einbringen konnte. Es gibt auf jeden Fall noch einiges zu tun, um Barrieren im Kopf und auch an vielen Orten abzubauen. Mein Bemühen war, Samen an vielen Orten auszusäen und die ersten sichtbaren Pflänzchen zu gießen und zu pflegen.

Mit welchem Wunsch verabschieden Sie sich?

Maria Riedl: Mein Wunsch für die Verantwortlichen im Dekanat ist: Bleiben Sie dran an dem Thema.  Damit viele Menschen mit all ihren Befindlichkeiten und Einschränkungen ihren Platz in der Gemeinschaft der Gläubigen finden.

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