In die Lieblingskneipe gehen und sich mit Freunden und anderen Eltern über Kinder, Schule und das eigene Befinden austauschen, geht auch mit den bestehenden Lockerungen noch nicht. Deshalb laden das Stadtdekanat Stuttgart und die Diözese am nächsten Montag, 18. Mai, um 20 Uhr zum ersten digitalen Elternstammtisch ein.
Jeder, der sich zuschaltet, kann sich sein Lieblingsgetränk bereitstellen. Angela Schmid, Theologin, Mutter und Dekanatsbeauftragte für Familienpastoral, erzählt von ihrer eigenen Situation zwischen Homeoffice und Homeschooling und wie die Idee eines Elternstammtisches entstanden ist.
Wie ist die Idee zum ersten digitalen Elternstammtisch entstanden?
Von Fachleuten lernen! Wir haben uns von engagierten Jugendlichen die Idee abgeschaut. Der BDKJ hat schon mehrfach zum digitalen Lagerfeuer eingeladen, wir versuchen es jetzt mit der digitalen Bar. Die Jugendlichen kommen gerne zusammen. Wir wollten den Eltern, die sich im Homeoffice und mit Homeschooling abmühen, eine unkomplizierte Möglichkeit zum Austausch anbieten. Auch wenn wir nicht abschätzen können, ob sie nach womöglich hundert dienstlichen Videokonferenzen noch Lust haben, sich bei uns rein zu klicken.
Trifft Corona Familien besonders hart?
Corona trifft verschiedene Gruppen besonders hart. Und Familien gehören je nach Alter der Kinder, Größe der Wohnung, technischer Ausstattung und ähnlichem dazu. Meine Familie und ich, wir haben Glück. Wir haben ein eigenes Zimmer für jeden, einen kleinen Garten und genug Endgeräte, um zweimal Homeoffice und dreimal Homeschooling parallel machen zu können. Außerdem sind unsere Kinder schon zwischen 10 und fast 15 Jahren alt. Da geht auch "Coronapause" gut. Richtig heftig wäre es für uns vor fünf oder zehn Jahren gewesen. Mit drei Kleinkindern Homeoffice? Mega Stress!
Ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch schwieriger zu schaffen als sonst?
Auch das kommt auf die Situation der Familie an. Wenn die technischen Voraussetzungen fehlen, man dicht aufeinandersitzt und es dann noch am Arbeitsplatz kriselt, dann birgt dies enormes Eskalationspotential. Schwierig ist es auch, wenn man keine Möglichkeit hat, ins Homeoffice zu gehen und jeden Tag hofft, dass die Kinder es mit der Schule allein daheim gut hinbekommen und nicht nur an der Spielkonsole sitzen. Richtig stressig kann es auch werden, wenn man kleine Kinder hat, die soziale Interaktion unbedingt brauchen und man selbst ein wichtiges einstündiges Telefonat führen muss. Dann ist es aktuell noch viel schwieriger, Beruf und Familie zusammenzukriegen. Deswegen zeigen aktuelle Untersuchungen auch, dass die Arbeitszufriedenheit von Eltern mit Kindern im Verhältnis zu Kinderlosen jetzt gravierend niedriger ist als vor der Pandemie. Übrigens ist auch die Arbeitszufriedenheit von Müttern im Verhältnis zu Vätern niedriger.
Wie schaffen Sie es, Homeoffice und Homeschooling zu vereinbaren?
Konkret ist unser Tagesablauf in etwa der, dass ich direkt nach dem Frühstück im Arbeitszimmer verschwinde und mich an die Mails mache. Parallel scheucht mein Mann die Kinder an ihre Arbeitstische, druckt aus, hat im Blick, wer wann in welche Videokonferenz muss. Ich komme am späteren Vormittag wieder hoch und wir tauschen die Rollen. Einer von uns kocht dann, oft mit den Kindern. Nach dem Mittagessen ist unser Viertklässler längst fertig mit der Schule und wir kontrollieren seine Arbeitsblätter zusammen. Unser Siebtklässler hat am Nachmittag noch vereinzelt Schulaufgaben, während unsere Neuntklässlerin meist auch mittags viel für die Schule tun muss. Die Kinder fangen dann an zu spielen, lesen, gamen. Parallel machen mein Mann und ich weiter mit dem Homeoffice. Und irgendwann ruft dann jemand zum Abendessen zusammen.
Bringt Corona Familien auch wieder enger zusammen?
Bei uns ja. Wir essen fast jede Mahlzeit miteinander. Das erleben wir sonst nur in wenigen Wochen im Jahr, denn in der Schulzeit kommen alle unterschiedlich heim und in den Ferien sind die Kinder viel bei den Großeltern oder im Sommerlager. Jetzt so viel miteinander zu kochen und am Tisch zu sitzen, ist für unsere Familie ein Geschenk. Das löscht das Vermissen der Freundinnen und Freunde zwar nicht aus, aber sogar unsere Kinder finden es schön. Bei Familien, bei denen die Bedingungen allerdings schwieriger sind als bei uns, da steigt der Druck jetzt immer weiter. Deswegen ist es gut, wenn die Familien auch wieder auf Spielplätze können und die Kinderbetreuung schrittweise wieder startet.
Muss ich einen Bezug zur Kirche haben, um am Stammtisch teilnehmen zu können?
Nein, alle Eltern sind herzlich willkommen, wenn sie einfach mal mit anderen Eltern über alles Mögliche reden und ein paar Impulse und einen Segen bekommen möchten.